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Kunst ist Geschmacksache

München/Berlin (DAV). Künstler sind frei in ihrem Schaffen. Dies muss auch ein möglicher Auftraggeber berück­sichtigen. Er muss sich vor einer Beauftragung mit den künstle­rischen Eigenarten und Auffas­sungen des Künstlers vertraut machen und unter Umständen mit ihm konkrete Vorgaben vereinbaren. Ist keine vertragliche Einschränkung der Gestal­tungs­freiheit vorgesehen, trägt der Auftraggeber das Risiko, das Werk auch dann abnehmen zu müssen, wenn es ihm nicht gefällt. Über ein entspre­chendes Urteil des Amtsge­richts München vom 19. April 2011 (AZ: 224 C 33358/10) informiert die Deutsche Anwalt­auskunft.

Eine Münchnerin, die ihr Treppenhaus verschönern wollte, bestellte über eine Kunstbe­raterin eine Kunstin­stal­lation. Sie bestand aus einem Hinter­glasbild in Form eines bemalten Aufsatzes für das Treppen­haus­in­nen­fenster und einem Paralle­logramm an der Wand, auf das durch das Fenster einfal­lendes Licht fiel.

Dabei sollte sich das Werk laut Auftrag an den Gemälden im Katalog des Künstlers orientieren. Es sollte aber keine Kopie dieser Gemälde darstellen, sondern als eigenständiges Werk entstehen. Die Kosten für die Instal­lation betrugen 4.500 Euro. Die Kundin bezahlte zunächst 2.250 Euro, monierte dann aber, dass sich bei ihr der erhoffte „Wow-Effekt“ nicht eingestellt habe. Die restlichen 2.250 Euro überwies sie nicht, sondern verlangte im Gegenteil den schon bezahlten Betrag zurück. Es sei ihr darauf angekommen, eine Art Sonnen­un­ter­gangs­stimmung zu erzeugen. Dies sei nicht erreicht worden. Die Kunstbe­raterin verlangte ihr Geld und klagte vor dem Amtsgericht München.

Mit Erfolg. Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages sei die Schaffung einer Kunstin­stal­lation gewesen. Dies sei ordnungsgemäß geschehen. Grundsätzlich müsse jemand, der einen Künstler beauftrage, sich vorher mit dessen künstle­rischen Eigenarten und Auffas­sungen vertraut machen. Der Künstler schaffe das Werk in eigener Verant­wortung und in künstle­rischer Freiheit. Solange der vereinbarte Zweck und die tragende Idee vorhanden seien, sei das Werk vertragsgemäß. Der Besteller trage das Risiko, ein Werk abnehmen zu müssen, das ihm nicht gefalle. Das gehöre zur Gestal­tungs­freiheit des Künstlers.

Zwar könne grundsätzlich diese Gestal­tungs­freiheit eingeschränkt und eine Verpflichtung vereinbart werden, ein Werk nach einem bestimmten Entwurf und bestimmten Vorgaben zu schaffen. Eine solche Absprache sei hier aber nicht erfolgt. Der Vertrag lege eindeutig fest, dass sich das Gemälde zwar an den anderen im Katalog orientieren, aber keine Kopie, sondern ein eigenständiges Werk sein solle.

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