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Kündigung eines Betriebs­rats­mit­glieds

(DAV). Betriebs­rats­mit­glieder sind unkündbar? Ein Irrglaube! Auch sie können ihren Job verlieren, wenn sie ihre Pflichten besonders grob verletzen. Auch Verdachts­kün­di­gungen sind möglich – allerdings nur „aus wichtigem Grund“.

Diesen wichtigen Grund sah das Arbeits­gericht Hamburg in diesem Fall: Es lag der dringende Verdacht vor, dass ein Arbeit­nehmer und Betriebs­rats­mitglied eine Gutschrift, die seinem Arbeitgeber gewährt worden war, für sich selbst genutzt hatte. In solchen Fällen ist auch eine außeror­dentliche Kündigung von Betriebs­rats­mit­gliedern gerecht­fertigt, informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Kleidungs­be­stellung auf fremde Rechnung

Der Mann arbeitete bei dem Betreiber eines Container-Terminals im Hamburger Hafen. Seit 2002 war er Betriebs­rats­mitglied und seit 2005 dessen Vorsit­zender. Im Betrieb war er als Sparten­leiter der Betriebs­sport­gruppe Fußball zuständig für die Beschaffung von Sportar­tikeln und -kleidung. In dieser Funktion bestellte er für die Betriebs­sport­gruppe 52 Trainings­anzüge bei dem Lieferanten für Arbeits-, Sicherheits- und Sportkleidung. Das Unternehmen ist dort Großkunde. Nach dem Auftrag über die Trainings­anzüge erhielt der Arbeitgeber eine Gutschrift vom Lieferanten. Die konnte das Unternehmen jedoch nie nutzen. Weil der Arbeitgeber den dringenden Verdacht hatte, der Mitarbeiter habe über diese Gutschrift für sich privat eingekauft, kündigte er ihm fristlos.

Voraus­setzung der Kündigung von Betriebs­rats­mit­gliedern

Das Arbeits­ver­hältnis des Arbeit­nehmers kann aufgrund seiner Betriebs­rats­mit­glied­schaft außeror­dentlich nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Und das ist auch nur dann möglich, wenn hierfür die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt. Allerdings kann das Arbeits­gericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur außeror­dent­lichen Kündigung ersetzen.

Die Entscheidung

Dies tat das Arbeits­gericht Hamburg im vorlie­genden Fall. Aus Sicht der Richter war es sehr wahrscheinlich, dass der Arbeit­nehmer die Gutschrift privat genutzt hatte: Er habe wohl in Anwesenheit des Großkun­den­be­treuers der Lieferan­tenfirma auf die Gutschrift Bekleidung im Wert von mehreren Hundert Euro für sich selbst eingekauft. Die hohe Wahrschein­lichkeit, dass es sich so abgespielt habe, rechtfertige die außeror­dentliche Verdachts­kün­digung. Eigentums- oder Vermögens­delikte gegen den Arbeitgeber könnten Grund für eine außeror­dentliche Kündigung sein. Das gelte ebenso für nicht strafbare, aber ähnlich schwer­wiegende Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeit­gebers. Das sei unabhängig von der Höhe des entstandenen Schadens. Entscheidend sei vielmehr der Vertrau­ensbruch. Wer als Arbeit­nehmer bei der Ausführung seiner Aufgaben Vorteile entgegennehme, verletze außerdem seine Pflicht, auf die Interessen seines Arbeit­gebers Rücksicht zu nehmen.

Arbeits­gericht Hamburg am 22. Mai 2013 (AZ: 26 BV 31/12)

Quelle: www.dav-arbeitsrecht.de 

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht

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