Ist jemand schwer behindert und ist die medizinische Notwendigkeit eines individuell angepassten Rollstuhls nachgewiesen worden, muss die Krankenkasse hierfür auch die Kosten übernehmen. Das ergab eine Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, über das die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Eltern wollen Rollstuhl mit angepasster Sitzschale für Sohn
Der 1997 geborene Mann ist mehrfach schwer behindert und leidet an Epilepsie. Er lebt überwiegend in einer Behinderteneinrichtung für Kinder und Jugendliche. Da er sich nur sehr eingeschränkt und unkontrolliert bewegen kann, ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Ein Sachverständiger führte aus, dass er sich nur durch ein Brummen artikulieren und nur unkoordiniert gestikulieren könne. Außerdem führe er ruckartige Bewegungen mit den Armen und dem ganzen Körper aus.
Die Eltern als Vertreter des Mannes wollten für ihren Sohn einen elektrischen Rollstuhl anschaffen, der individuell angepasst ist. Die Krankenversicherung lehnte dies ab. Sie behauptete, ein Rollstuhl nach Maß sei medizinisch nicht notwendig. Sie bot ein rund 1.200 Euro günstigeres Standardmodell an.
Rollstuhl nach Maß medizinisch notwendig
Das Gericht entschied, dass der Mann Anspruch auf einen individuell angepassten Rollstuhl nach Maß hat. Dies bestätigte auch der Sachverständige. Ein solcher Rollstuhl sei medizinisch notwendig. Insbesondere müsse es ein Sitzschalenuntergestell und eine angepasste Sitzschale geben.
Modell nicht vergleichbar
Das Gericht bewilligte einen individuell angepasster Rollstuhl, nicht jedoch einen mit elektrischem Antrieb. Ein elektrischer Rollstuhl sei nicht notwendig, so das Gericht. Der junge Mann könne ihn selber gar nicht bedienen. Die Krankenkasse sei nicht verpflichtet, einen elektrischen Antrieb zu bezahlen, um lediglich denjenigen zu unterstützen, der den Rollstuhl schiebt.
Landgericht Nürnberg-Fürth am 23. April 2015 (AZ: 8 O 3675/13)
Quelle: www.dav-sozialrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 26.08.2015