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Kindes­schutz­ver­fahren: Begutachtung auch gegen Eltern­willen

(DAV). Ein Gericht kann Eltern unter Umständen das Aufent­halts­be­stim­mungsrecht und das Recht zur Gesund­heits­fürsorge entziehen. Das gilt etwa dann, wenn die Eltern die Begutachtung ihres verhal­tens­auf­fälligen Kindes in einem Kindes­schutz­ver­fahren verweigern. Darauf wies das Oberlan­des­gericht Hamm in einer Entscheidung hin.

Psychisch auffällig

In dem von den Famili­en­rechts­an­wälten des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitgeteilten Fall hatte das junge Mädchen 2012 häufig in der Schule gefehlt. Die Schule schrieb den Eltern, doch diese reagierten weder darauf noch auf Einladungen zu einer Schulun­fä­hig­keits­un­ter­suchung. Das Jugendamt schlug ein Kindes­schutz­ver­fahren vor. Im Einver­nehmen mit den Eltern wurde die Fünfzehn­jährige zunächst in einer Kinder- und Jugend­klinik stationär behandelt. Sie zeigte ein behand­lungs­be­dürftiges negatives Selbstbild und gestörte persönliche Verarbei­tungs­me­cha­nismen. Die Behandlung in der Klinik führte zu relativ positiven Verände­rungen. Nach zwei Monaten brachen die Eltern die Behandlung jedoch entgegen ärztlicher Empfehlung ab und holten ihre Tochter wieder nach Hause. Versuche des Jugendamtes, Kontakt zu der Familie zu halten, blieben erfolglos.

Das Famili­en­gericht entzog den Eltern daraufhin vorläufig in Form einer einstweiligen Anordnung das Aufent­halts­be­stim­mungsrecht und das Recht zur Gesund­heits­fürsorge. Ziel war, eine Begutachtung der Jugend­lichen in dem laufenden famili­en­ge­richt­lichen Verfahren zu ermöglichen. Die Richter begründeten dies mit einer möglichen Gefährdung der Entwicklung des Kindes, würde man nicht mit der Behandlung der psychischen Auffäl­lig­keiten des Mädchens beginnen.

Kindeswohl geht vor

Die sofortige Beschwerde der Eltern dagegen wies das Gericht zurück. Das Kindeswohl der Tochter sei gefährdet. Sie habe in erheblichem Umfang in der Schule gefehlt, ohne dass die Eltern eingegriffen hätten. Außerdem gebe es deutliche Anhalts­punkte für massive psycho­soziale Schwie­rig­keiten der Jugend­lichen und innerfa­miliäre Konflikte. Um die für die Begutachtung im Kindes­schutz­ver­fahren notwendigen Maßnahmen und Untersu­chungen sicher­zu­stellen, wozu unter Umständen auch gehöre, das Mädchen aus der Familie heraus­zu­nehmen, sei die getroffene Anordnung erforderlich. Die Eltern hätten sich in der Vergan­genheit wenig einsichtig und nicht kooperativ gezeigt. 

Oberlan­des­gericht Hamm am 31. Juli 2013 (AZ: 8 UF 17/13)

Quelle: www.dav-famili­enrecht.de

Rechts­gebiete
Ehe- und Famili­enrecht

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