Auto wirklich notwendig?
Eine Frau leidet seit ihrer Kindheit an einem deutlich verkürzten und in der Beweglichkeit eingeschränkten rechten Arm. Ein Grad der Behinderung von 80 ist anerkannt. Sie ist Mutter einer 2005 geborenen, gesunden Tochter. Da die Frau eine Weiterbildungsmaßnahme im etwa 30 Kilometer entfernten Mainz antreten wollte, beantragte sie bei der Rentenversicherung die Gewährung einer Kfz-Hilfe sowie die Übernahme der Kosten für den behindertengerechten Umbau. So wollte sie die Möglichkeit haben, Scheibenwischer und Lichtanlage ohne Loslassen des Lenkrades zu bedienen. Sie begründete ihren Antrag damit, dass sie zwingend auf ein Auto angewiesen sei. Sie könne ihr Kind morgens nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Tagesstätte bringen, wo ab 7.30 Uhr die Betreuung sichergestellt sei, und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Weiterbildungsstätte weiterfahren. Sie benötige ihre gesunde Hand, um das Kind an der Hand zu halten und könne sich deshalb dann in Bus oder Bahn nicht mehr festhalten. Auch beim Einkaufen sei sie auf ein Fahrzeug angewiesen, da sie Kind und Einkäufe nicht gleichzeitig tragen könne. Die Rentenversicherung lehnte nach einigen Ermittlungen die Gewährung der Hilfe ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass es der Frau trotz ihrer Behinderung zumutbar sei, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Diese würden auch regelmäßig zwischen ihrem Wohnort und der Weiterbildungsstätte verkehren. Auch die Fußwege zu den Haltestellen am Wohnort oder dem Weiterbildungsort seien von ihr zu bewältigen. Dies akzeptierte die Frau nicht und klagte beim Sozialgericht.
Bus oder Bahn sind kein Problem
Ohne Erfolg. Ein behinderter Mensch habe nur dann Anspruch auf Kfz-Hilfe, wenn er infolge seiner Behinderung mehr als nur vorübergehend auf die Benutzung eines Fahrzeugs angewiesen sei, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort zu erreichen. Dabei müsse die Behinderung so erheblich sein, dass sie allein schon geeignet sei, den Behinderten zur Benutzung eines Autos zu zwingen. Gerade dies könne bei der Frau aber nicht festgestellt werden. Die behandelnde Ärztin habe bestätigt, dass sie die Wege bewältigen könne. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso die Frau nicht mit Bus oder Bahn fahren könne. Dort sei meist ein Sitzplatz vorhanden oder aber die Klägerin könne sich zumindest mit dem gesunden Arm festhalten. Die weiteren vorgetragenen privaten Gründe seien auch nicht überzeugend, da es ihr unproblematisch möglich sei, die Tochter morgens zu Fuß zum weniger als einen Kilometer entfernten Kindertagesstätte zu begleiten. Anschließend könne sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Mainz zu fahren, um dort die um neun Uhr beginnende Maßnahme zu besuchen.
Sozialgericht Mainz am 31. Januar 2013 (AZ: S 10 R 9/11)
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