Ist eine schnelle Beendigung der Geburt notwendig, muss der Mediziner die Mutter nur über diese Tatsache aufklären. Kommen hierfür als Alternativen lediglich die Vakuum- oder die Zangengeburt in Betracht, muss er diese beiden Alternativen nicht erläutern. Voraussetzung ist, dass beide Wege die gleichen Erfolgschancen bieten, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe.
Plötzlich abfallende Herzfrequenz des Kindes
Der errechnete Geburtstermin war um zwei Wochen überschritten. Dennoch verlief der Beginn der Geburt normal. Plötzlich fiel aber die Herzfrequenz des Kindes kontinuierlich ab. Eine rasche Beendigung der Geburt war erforderlich. Für einen Kaiserschnitt war es bereits zu spät, da sich der Kopf des Kindes schon weit im Becken befand. Der Arzt klärte die Mutter über die Notwendigkeit der schnellen Beendigung der Geburt auf. Er entschied sich für eine Zangengeburt. Über die weitere Möglichkeit einer Vakuumextraktion informierte er die Frau nicht. Für später auftretende Entwicklungsverzögerungen bei dem Kind machten die Eltern eine mangelhafte Sauerstoffversorgung während der Geburt verantwortlich. Sie klagten gegen den Arzt, da er über eine Alternative zur Zangengeburt nicht aufgeklärt habe. Sie verlangten Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Vakuumgeburt und Zangengeburt gleichwertig – keine Aufklärung notwendig
In zwei Instanzen waren die Eltern erfolglos. Dem Arzt sei kein Vorwurf zu machen. Hätten zwei Entbindungsmethoden die gleichen Erfolgschancen, müsse die Mutter nicht mehr über beide Möglichkeiten aufgeklärt werden. Dies ergebe sich schon aus dem Zeitpunkt des Eingriffs und folge „schon aus dessen besonderer Dringlichkeit, der fortgeschrittenen Geburtssituation und den damit verbundenen Belastungen für die Mutter“, führte das Gericht aus. Echte Behandlungsalternativen habe es auch nicht gegeben, da beide Methoden die gleichen Chancen und Risiken in sich trügen. In einer solchen Situation müsse auch jeder Geburtshelfer die Methode anwenden, die er am besten beherrsche.
Ebenso bestehe nicht die Notwendigkeit, vor der Geburt ohne Anlass über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts zu informieren – auch dann nicht, wenn der errechnete Geburtstermin zwei Wochen überschritten sei.
Oberlandesgericht Karlsruhe am 31. Juni 2013 (AZ: 7 U 91/12)
Quelle: www.dav-medizinrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 03.04.2014