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Kein Schmer­zensgeld nach Unfall mit Güterzug

(DAV). Ungeduld am Bahnübergang: Der Zug ist vermeintlich noch weit weg, viel zu lange muss man warten. Aber es ist Vorsicht geboten. Man sollte sich nicht „noch schnell“ durch die Schranke quetschen oder sie umfahren. Ebenso wenig sollte man am unbeschränkten Bahnübergang den Nerven­kitzel suchen.

Denn dies hat fatale Konsequenzen. Nicht nur dass man seine Gesundheit und sein Leben riskiert. Bei einem Unfall bleibt man womöglich auch noch auf dem ganzen Schaden sitzen. So entschied das Oberlan­des­gericht Oldenburg, dass einem Autofahrer, der trotz eines heranna­henden Güterzuges mit seinem Fahrzeug die Gleise überquerte, kein Schmer­zensgeld zusteht. Begründet wurde dies damit, dass er den Schaden überwiegend selbst verursacht hat, so die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Der Unfall auf dem Gleis

Der Autofahrer versuchte, mit einem Transporter einen mit einem Andreaskreuz gekenn­zeichneten unbeschrankten Bahnübergang zu überqueren. Dabei kollidierte er mit einem Güterzug mit 30 Waggons. Der Zug schleifte das Fahrzeug des Mannes rund 50 Meter weit mit. Der Fahrer erlitt dabei schwere Verlet­zungen. Er forderte im Prozess die Zahlung eines Schmer­zens­geldes von 30.000 Euro. Dabei ging der Mann allerdings nicht davon aus, dass das beklagte Unternehmen alleine für den Unfall hafte. Er verlangte vielmehr nur Ersatz in Höhe von 40 Prozent des erlittenen Schadens.

Kein Schmer­zensgeld bei alleiniger Schuld

Das Oberlan­des­gericht verhandelte die Sache am Ort des Geschehens, um sich ein Bild von der Unfall­stelle machen zu können. Wie bereits das Landgericht in Osnabrück wies es die Klage ab. Der Autofahrer müsse trotz einer Gefähr­dungs­haftung des  Unternehmens den Schaden alleine tragen. Er habe den Unfall ganz überwiegend selbst verursacht, da er den Zug habe erkennen können. Der Mann habe eingeräumt, es sei ihm bewusst gewesen, dass er vor dem Andreaskreuz hätte halten müssen. Dennoch habe er versucht, unter grober Verletzung des Vorfahrts­rechts des Zuges den Bahnübergang zu passieren.

Ein Verschulden des Zugführers sei nicht festzu­stellen. Dieser habe insbesondere die vorgeschriebene Höchst­ge­schwin­digkeit am Bahnübergang von 25 km/h nicht überschritten. Der Zugführer hätte die Geschwin­digkeit auch nicht noch weiter reduzieren müssen, weil die Bahnstrecke am Unfallort unüber­sichtlich sei. Die Bahnstrecke verlaufe hier schnur­gerade. Der Übergang mit dem Andreaskreuz sei weithin sichtbar und für den Straßen­verkehr gelte eine Höchst­ge­schwin­digkeit von zehn km/h. Heranfahrende Fahrzeuge seien deshalb rechtzeitig vor dem Überqueren des Bahnübergangs zu erkennen. Sichtbe­ein­träch­ti­gungen durch hohe Büsche und Bäume, wie vom Kläger behauptet, habe das Oberlan­des­gericht vor Ort nicht feststellen können. Zugunsten des Zugführers sei außerdem zu berück­sichtigen, dass der Zug ein Pfeifsignal vor dem Überqueren der Unfall­stelle gegeben habe und der Autofahrer den Bahnübergang gut gekannt habe, da er ihn regelmäßig überquert habe. 

Oberlan­des­gericht Oldenburg am 19. Juni 2014 (AZ: 1 U 113/13)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

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