Eine Haftung kommt aber dann nicht in Frage, wenn der Patient für seinen Sturz selbst verantwortlich ist. So hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass eine Klinik nicht für den Sturz einer Patientin bei einem Toilettengang haftet, wenn die Patientin allein zur Toilette gegangen ist. Sie hatte auf mögliche Hilfestellungen des Pflegepersonals verzichtet, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Sturz im Krankenhaus
Die Patientin stürzte im März 2011 auf einer Treppe und zog sich einen Bruch am linken Oberarm zu. Dafür musste sie im nahe gelegenen Krankenhaus operiert werden. Während des Krankenhausaufenthaltes musste sie zudem für den Einsatz einer Totalendoprothese an der Hüfte operiert werden.
Wenige Tage nach der Hüftoperation stürzte die Frau, als sie ohne Unterstützung des Pflegepersonals die Krankenhaustoilette aufsuchte. Sie fiel auf einen erhöhten Toilettensitz zurück, der sich verschob. Die Patientin verletzte sich erneut am linken Oberarm, als sie versuchte, sich abzustützen. Auch diese Verletzung musste operativ versorgt werden.
Vom Krankenhaus verlangte die Frau Schadensersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 40.000 Euro. Sie habe im Schulterbereich weiterhin Schmerzen. Ihre Oberarmfrakturen seien fehlerhaft operiert worden. Außerdem sei das Krankenhaus für ihren Sturz auf der Toilette verantwortlich, bei dem sie von einem nur lose aufgelegten Toilettenring gerutscht sei.
Gericht: Kein Schmerzensgeld und keinen Schadensersatz
Die Frau verlor sowohl beim Landgericht Arnsberg als auch beim Oberlandesgericht Hamm. Das Oberlandesgericht konnte nach der Anhörung eines medizinischen Sachverständigen keine Fehler bei den Operationen der Oberarmbrüche feststellen. Die Schrauben seien ordnungsgemäß eingesetzt worden. Nach der letzten Operation im Schulterbereich verbliebene Schmerzen träten etwa bei einem Drittel der Patienten mit vergleichbaren Verletzungen auf.
Für den Sturz der Patientin ist das Krankenhaus ebenfalls nicht verantwortlich. Das Gericht konnte nicht feststellen, dass sie durch eine „verkehrsunsichere Sanitäreinrichtung“ zu Fall gekommen sei. Die Toilettenerhöhung sei ausreichend stabil befestigt gewesen, auch wenn sie bei einem „Sich-Fallenlassen“ des Benutzers ausgehebelt werden könne. Dass die Patientin die Toilette ohne Hilfe des Pflegepersonals aufgesucht habe, könne man dem Krankenhaus nicht vorwerfen.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen habe sie die Toilette auch nach den Operationen alleine aufsuchen dürfen, sofern sie sich dies selbst zugetraut habe. Die Frau hatte eingeräumt, dass sie am Unfalltag auf Hilfe des Pflegepersonals verzichtet habe, die Hilfe aber auf ihr Verlangen hin bekommen hätte. Da die sie die mögliche Hilfeleistung des Pflegepersonals nicht in Anspruch genommen habe, wirke sich ihr Sturz nicht zulasten des Krankenhauses aus.
Oberlandesgericht Hamm am 2. Dezember 2014 (AZ: 26 U 13/14)
Quelle: www.dav-medizinrecht.de