Die Globalisierung und der internationale Wettbewerb haben die Landschaft der Betriebe stark verändert. Viele Unternehmen setzen darauf, ihre Produktion ganz oder teilweise ins Ausland zu verlagern. Dies ist in der Vergangenheit schon oft geschehen. Was passiert aber, wenn die Produktion künftig von Deutschland an die ausländische Betriebsstätte verlagert wird, die Arbeitsplätze aber nicht wirklich entfallen? Üblicherweise müssen Arbeitgeber, bevor sie betriebsbedingt kündigen, prüfen, ob sie die Mitarbeiter im Unternehmen an anderer Stelle weiterbeschäftigen können. Dies gilt für Arbeitsplätze in Deutschland, nicht jedoch für einen im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).
Der Fall
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall hat ein Textil-Unternehmen seinen Sitz in Nordrhein-Westfalen. Es produziert seit geraumer Zeit auch in Tschechien, wo es Verbandsstoffe herstellt. Die "Endfertigung" der Stoffe erfolgte wiederum in NRW. Im Juni 2011 beschloss das Unternehmen, nur noch in der tschechischen Betriebsstätte zu produzieren. In Deutschland sollte lediglich die Verwaltung und der kaufmännische Bereich bestehen bleiben. Deshalb erhielten die am Unternehmenssitz in NRW beschäftigten Mitarbeiter in der Produktion die Kündigung. Eine Textilarbeiterin vertrat die Auffassung, der Arbeitgeber hätte ihr durch den Ausspruch einer Änderungskündigung die Möglichkeit geben müssen, über einen Umzug zumindest nachzudenken.
Die Entscheidung
Die Kündigungsschutzklage blieb – wie in den Vorinstanzen – vor dem BAG erfolglos. Zwar sei der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten. Dies beziehe sich aber grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers. Die entsprechenden Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes seien nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik Deutschland lägen. Aufgrund der Verlagerung der Endfertigung in die mehrere hundert Kilometer von ihrem Sitz entfernte tschechische Betriebsstätte habe das Unternehmen keine Möglichkeit mehr gehabt, die Mitarbeiterin in einem inländischen Betrieb weiterzubeschäftigen. Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wären, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, hätten nicht vorgelegen.
Bundesarbeitsgericht am 29. August 2013 (AZ: 2 AZR 809/12)
Quelle: www.dav-arbeitsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 16.10.2013