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Kann man seine zweite Ehefrau im Testament vergessen?

(dpa/red). Wenn der Erblasser in seinem Testament einen pflicht­teils­be­rech­tigten Angehörigen nicht erwähnt, so kann der Übergangene das Testament anfechten und dadurch unwirksam machen. Kann dies auch die zweite Ehefrau, wenn sie im Testament des Erblassers, welches er mit seiner ersten Ehefrau verfasste, nicht berück­sichtigt wurde.

Nach dem Gesetz kann eine letztwillige Verfügung unter anderem dann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflicht­teils­be­rech­tigten übergangen hat, auch wenn dieser erst nach der Errichtung des Testamentes pflicht­teils­be­rechtigt geworden ist. Eine solche Anfechtung ist nur dann ausgeschlossen, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die gleiche Verfügung getroffen haben würde. Das Gesetz geht davon aus, dass der Erblasser bei Kenntnis des neu hinzuge­tretenen Pflicht­teils­be­rech­tigten diesen nicht übergangen hätte. Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des OLG Hamm. 

Der Fall

Der Erblasser und seine erste Ehefrau verfassten ein gültiges gemeinsames Testament, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten und sodann ihren Sohn zum Erben des zuletzt verster­benden Ehegatten. Es wurde sogar vereinbart, dass diese letztwillige Verfügung auch für den Fall der Ehescheidung gelten soll. Die Ehe wurde später tatsächlich geschieden, der Erblasser heiratete seine Ehefrau Nr. 2 und verstarb. Die dann ehemalige Ehefrau wollte Erbin werden und beantragte einen dahinge­henden Erbschein. Dagegen wehrte sich die zweite Ehefrau, indem sie das erste Testament mit der Begründung anfocht, dass sie im fraglichen Testament nicht bedacht worden ist.

Man kann seine zweite Ehefrau vergessen, aber sie kann sich wehren

Die zweite Ehefrau hatte vor dem OLG Hamm Erfolg. Die Umstände im zu entschei­denden Fall ergeben, dass als der Erblasser mit seiner ersten Ehefrau das Testament errichtete, beide an eine mögliche Scheidung dachten, aber nicht an eine Wieder­ver­hei­ratung. Denn die Begründung einer weiteren ehelichen Lebens­ge­mein­schaft ist eine völlig neue Lebens­si­tuation. Mag der Erblasser für den Fall der Scheidung seiner ersten Ehe seine letztwillige Verfügung hat fortbe­stehen lassen wollen, so spricht nach der Lebens­er­fahrung nichts dafür, dass er auch im Falle einer Wieder­ver­hei­ratung seine neue Ehefrau erbrechtlich übergehen wollte. Durch die Heirat der zweiten Ehefrau wurde diese Pflicht­teils­be­rechtigte und konnte daher das damalige Testament anfechten und somit insgesamt unwirksam machen. Letztendlich wurde sie als Miterbin neben dem Sohn festge­stellt.

Oberlan­des­gericht Hamm am 28. Oktober 2014 (Az: 15 W 14/14)

Quelle: www.dav-erbrecht.de

Rechts­gebiete
Erbrecht Erbschaft- und Schenkung­steu­errecht

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