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Kann Grundbuchamt bei zweifel­hafter Testier­fä­higkeit Erbschein verlangen?

(dpa/red). Hinterlässt der Verstorbene Grundstücke, werden diese im Grundbuch auf die Erben umgeschrieben. Grundsätzlich ist die Umschreibung einfach, wenn dem Grundbuchamt von den Erben ein sie begüns­ti­gendes notarielles Testament des Verstorbenen vorgelegt wird. Bestehen aber Zweifel an der Testier­fä­higkeit des Erblassers kann das Grundbuchamt zusätzlich einen Erbschein verlangen. Frage ist nur, wir groß müssen die Zweifel des Grundbuchamtes sein.

Die Umschreibung von Grundstücken nach dem Tod des Eigentümers erfolgt entweder durch Vorlage eines notariellen Testamentes, worin eindeutig dem Erben das Grundstück zugewiesen wird, oder durch einen vom Nachlass­gericht ausgestellten Erbschein zugunsten des Erben. Das Nachlass­gericht prüft dann zuvor, ob durch ein wirksames handschrift­liches Testament oder durch gesetzliche Erbfolge der Erbe einen Anspruch auf das Grundstück hat. Kommen dem Grundbuchamt wirkliche konkrete Zweifel an der Gültigkeit des notariellen Testamentes, weil etwa der Verstorbene zum Zeitpunkt der Errichtung dieses Testamentes testier­unfähig sein konnte, so kann es die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) berichtet über eine Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts (OLG) München.

Der Fall

Dem Grundbuchamt kamen unter anderem deswegen Zweifel an der Testier­fä­higkeit des Erblassers, weil in seinem vor einem Notar errichteten Testament angegeben war, dass der Verstorbene einen Monat vorher ein psychia­trisches Gutachten über seine bestehende Testier­fä­higkeit hat anfertigen lassen. Der Notar hatte aufgrund des Gutachtens und seinem eigenen Eindruck im Testament zwar die Testier­fä­higkeit vermerkt. Das Grundbuchamt meinte aber, dass das Gutachten nicht automatisch die Testier­fä­higkeit zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes belege und der Verstorbene damals wegen festge­stellter psycho­pa­tho­lo­gischer Symptome zeitweilig 3 Jahre unter Betreuung stand. Es verlangte daher von der Erbin einen Erbschein, durch welchen die Gültigkeit des Testamentes gerichtlich festge­stellt sei. Dagegen wehrte sich die Erbin erfolgreich:

Die Testier­fä­higkeit darf nicht ausgeschlossen sein

Das OLG München gab der Erbin Recht, weil dem Grundbuchamt keine ausrei­chenden Zweifel bezüglich der Testier­fä­higkeit kommen durften. Die konkrete Testier­fä­higkeit mag zwar zweifelhaft sein, es ist aber nach mensch­lichem Ermessen nicht zu erwarten, dass eine zusätzliche Beweis­erhebung in einem Erbscheins­ver­fahren ein eindeutiges Ergebnis bringt. Liegt dem Grundbuchamt eine formgültige öffentliche Urkunde wie das notarielle Testament vor, reicht dies grundsätzlich für den Nachweis der Erbfolge aus. Wenn etwa daneben fachärztliche Gutachten oder Urteile dem Grundbuchamt vorliegen, welche die Testier­un­fä­higkeit des Verstorbenen belegen, oder zu erwarten ist, das ein Erbscheins­ver­fahren durch zum Beispiel Zeugen­be­fragung dies belegen könnte, darf es einen Erbschein für die Umschreibung des Grundbuchs verlangen. Anhand der mehreren vorlie­genden Gutachten durfte das Grundbuchamt aber nicht davon ausgehen, dass ein Erbscheins­ver­fahren zu dem Ergebnis einer Testier­un­fä­higkeit des Verstorbenen kommen würde.

Oberlan­des­gericht München am 31. Oktober 2014 (Az: 34 Wx 293/14)

Quelle: www.dav-erbrecht.de

Rechts­gebiete
Erbrecht

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