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Inklusion: Landkreis muss Kosten für Schulbe­gleiter tragen

(red/dpa). Die Integration behinderter Kinder in den Unterricht an sogenannten Regelschulen ist eine wichtige Aufgabe. Diese Inklusion dient der Förderung behinderter Kinder. Dies darf nicht an einer notwendigen intensiven Begleitung der Betroffenen scheitern. Die Eltern haben Anspruch auf Übernahme der Kosten.

Dabei muss der Sozial­hil­fe­träger die Kosten für die erforderliche Schulbe­gleitung einer Grundschülerin mit Down-Syndrom bezahlen. Die Kosten dürfen nicht der Schulver­waltung auferlegt werden. Bei der Begleitung handelt es sich um eine Einglie­de­rungshilfe, für die der Landkreis zuständig ist, und eben nicht um eine sonder­päd­ago­gische Maßnahmen, für die die Schulver­waltung aufkommen müsste. Beim Besuch einer Regelgrund­schule mit „inklusiver Beschulung“ im Rahmen der Einglie­de­rungshilfe beschränkt sich die Schulbe­gleitung auf unterstützende Tätigkeiten. Die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Baden-Württemberg. 

Inklusion beim Besuch einer Regelschule

Die Schülerin mit Down-Syndrom besuchte zunächst zwei Jahre eine Sonder­schule. Dann wechselte sie in eine Regelgrund­schule, die Förderung im Rahmen der Inklusion anbietet. Sie wurde dort im Rahmen dieser inklusiven Beschulung fünf Stunden wöchentlich von einer Koopera­ti­ons­lehrerin ihrer ursprüng­lichen Schule betreut. Nachdem es dem Mädchen zunehmend schwerer fiel, den Lernin­halten zu folgen, wurde sie im Schuljahr 2012/2013 während des Unterrichts zusätzlich von qualifi­zierten Schulbe­glei­te­rinnen betreut. 

Landkreis lehnt Begleitung im Rahmen der Inklusion ab

Der Landkreis lehnte die Kosten­übernahme dafür ab. Er meinte, die Schulver­waltung müsse die Kosten übernehmen. Es gehe um den Kernbereich der pädago­gischen Arbeit, weshalb das Bundesland als Träger der Schulver­waltung in der Pflicht stehe. Der sonder­päd­ago­gische Bedarf werde durch die fünf Sonder­schul­lehrer-Stunden nicht gedeckt. Wenn die Schule es im Rahmen eines finanziell vertretbaren Rahmens nicht ermöglichen könne, die Verhältnisse so auszuge­stalten, dass dem behinderten Kind möglich sei, dem Bildungsgang an der Regelschule zu folgen, müsse das Kind die Sonder­schule besuchen.

Nach Auffassung der ihre Tochter vor Gericht vertre­tenden Eltern würde die vom Landkreis vertretene Auffassung dazu führen, dass bei geistig behinderten Kindern im Rahmen einer integrativen Beschulung für die Einglie­de­rungshilfe kein Anwendungs­bereich mehr bleibe. Damit wären geistig behinderte Kinder vom integrativen Unterricht grundsätzlich ausgeschlossen. 

Landkreis muss Kosten für Schulbe­gleitung bei Inklusion übernehmen

Die Klage hatte sowohl beim Sozial­gericht Reutlingen als auch beim Landes­so­zi­al­gericht in Stuttgart Erfolg. Der Landkreis muss die Kosten für die Schulbe­gleitung übernehmen.

Nach Auffassung des Landes­so­zi­al­ge­richts ist der Sozial­hil­fe­träger an die Entschei­dungen der Schulver­waltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule und über eine bestimmte Schulart gebunden. Auch müsse er das Wahlrecht der Eltern beachten. Deshalb könne der Landkreis nicht argumen­tieren, dass eine bei Besuch einer Regelschule erforderliche Schulbe­gleitung bei Besuch einer Sonder- bzw. Förder­schule nicht notwendig wäre.

Den Kernbereich der Schule sah das Landes­so­zi­al­gericht durch die erforder­lichen Hilfen nicht betroffen. Daher müsse der Landkreis – der für die Gewährung von Einglie­de­rungshilfe zuständig ist – die Kosten übernehmen. Die Schulbe­glei­te­rinnen hätten gerade keine Lehrinhalte vermittelt. Vielmehr erbrächten sie lediglich unterrichts­be­gleitende und unterstützende Leistungen, wie eine Fokussierung der Aufmerk­samkeit auf das Unterrichts­ge­schehen, die Verdeut­lichung von Aufgaben­stel­lungen, Unterstützung bei der Auswahl der richtigen Bücher und Hefte und kommuni­kative Hilfestel­lungen. Damit hätten sie keine sonder­päd­ago­gischen Aufgaben wahrge­nommen.

Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg am 18. Februar 2015 (AZ: L 2 SO 3641/13)

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Rechts­gebiete
Sozialrecht

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