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1,73 Promille auf Fahrrad: Fahrerlaubnis weg und Radfahr­verbot

(red/dpa). Betrunken auf dem Fahrrad... Mittlerweile ist bekannt, dass dies auch Auswir­kungen auf den Führer­schein haben kann. Wer sich dem Idiotentest verweigert oder durchfällt, hat schlechte Karten. Aber auch das Radfahren kann verboten werden.

MPG nicht rechtzeitig vorgelegt

So hat das VG Neustadt in einem Eilver­fahren entschieden, dass einem Fahrrad­fahrer aus dem Rhein-Pfalz-Kreis, der mit einer Blutal­ko­hol­kon­zen­tration (BAK) von 1,73 Promille unterwegs war, die Fahrerlaubnis entzogen sowie das Fahrrad­fahren verboten werden kann. Ihm wurde auch zum Verhängnis, dass er das geforderte medizinisch-psycho­lo­gische Gutachten (MPG – früher MPU) nicht fristgerecht vorgelegt hat, erklärt die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). 

Betrunken auf dem Rad

Ein Radfahrer geriet im Juli 2013 nach dem Besuch eines Festes im Nachbarort gegen 23:30 Uhr mit seinem unbeleuchteten Fahrrad in eine polizeiliche Verkehrs­kon­trolle. Die anschließende Blutal­ko­hol­un­ter­suchung ergab einen Wert von 1,73 Promille.

Das Amtsgericht in Speyer verurteilte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßen­verkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro. Doch damit war es für den Radler noch nicht vorbei: Der Rhein-Pfalz-Kreis bekam Wind von der Verurteilung und forderte den Mann auf, innerhalb von zwei Monaten ein MPG zur Frage seiner weiteren Fahreignung vorzulegen. Als das nicht geschah, entzog ihm die zuständige Behörde die Fahrerlaubnis der Klasse 3 und untersagte ihm das Fahren von fahrerlaub­nis­freien Fahrzeugen (Fahrrad und Mofa). 

Seinen Widerspruch dagegen begründete der Mann damit, dass der Kreis nicht ausreichend beachtet habe, dass er nur mit dem Fahrrad betrunken gefahren sei. Mit Ausnahme dieses einen Vorfalls habe er ansonsten immer unbean­standet am Straßen­verkehr teilge­nommen. Er sei auch aus beruflichen Gründen dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Die ihm gesetzte Frist von zwei Monaten zur Beibringung des Gutachtens sei wesentlich zu kurz bemessen. Es existiere im Übrigen keine Rechts­grundlage zum Untersagen des Führens von Fahrrädern. 

Idiotentest nicht absolviert – Führer­schein weg

Diese Argumen­tation überzeugte das Gericht jedoch nicht. Wenn Zweifel an der generellen Eignung, am Straßen­verkehr teilzu­nehmen, vorlägen, seien die Maßnahmen angemessen. Habe der Fahrer ein Fahrzeug mit 1,6 Promille oder mehr geführt, müsse die zuständige Behörde ein MPG einfordern. Dies sei notwendig, um eine Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis zu treffen.

Im vorlie­genden Fall sei der Mann im Juli 2013 mit 1,73 Promille Rad gefahren. Die Teilnahme am Straßen­verkehr in erheblich alkoho­li­siertem Zustand stelle mit jedem Fahrzeug eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßen­verkehrs dar. Bei 1,6 Promille oder mehr stelle sich der Verdacht auf einen Alkohol­miss­brauch, der die Fahreignung ausschließe. Diesen Zweifeln an der Eignung des Fahrers müsse schon aus Gründen der Gefahren­abwehr nachge­gangen werden. Dabei sei es gleich­gültig, mit welchem Fahrzeug er am Verkehr teilge­nommen habe.

Der hohe Alkoholgrad spreche für ein hohes Maß an Alkohol­ge­wöhnung, das nur durch den regelmäßigen Konsum großer Mengen alkoho­lischer Getränke erreicht werde. Das lasse befürchten, dass der Mann in stark alkoho­li­siertem Zustand auch motorisiert am Straßen­verkehr teilnehme. Zur Klärung sei das MPG berechtigt gefordert worden. Dass der Mann sich geweigert habe, lasse auf seine Nichteignung schließen. Die gesetzte Frist von zwei Monaten sei nicht zu kurz bemessen gewesen. 

Radfahr­verbot

Auch das Radfahr­verbot sei rechtmäßig. Die Behörde müsse das Führen von Fahrzeugen untersagen oder beschränken, wenn jemand sich als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweise. Dies sei hier der Fall. Im Straßen­verkehr mit 1,6 Promille oder mehr Rad zu fahren, führe zur absoluten Fahrun­tüch­tigkeit auch für Fahrzeuge, für die man keinen Führer­schein benötige.

Die getroffene Maßnahme sei auch verhält­nismäßig. Nicht nur Autofahren im alkoho­li­sierten Zustand, sondern auch Mofa- oder Fahrrad­fahren stelle ein erhöhtes Verkehrs­risiko dar. Zwar sei das von alkoho­li­sierten Radfahrern ausgehende Gefähr­dungs­po­tential statistisch geringer als dasjenige alkoho­li­sierter Kraftfahrer.  Im Einzelfall könne es jedoch auch zu einer erheblichen Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer führen. Der Fahrer eines fahrerlaub­nis­freien Fahrzeugs könne andere motori­sierte Verkehrs­teil­nehmer durch seine Fahrweise in Bedrängnis bringen und sie zu Reaktionen veranlassen, die die Verkehrs­si­cherheit gefährdeten. Ein Beispiel sei das reflex­be­dingte Ausweichen auf die Gegenfahrbahn oder den Bürgersteig.

Verwal­tungs­gericht Neustadt (Weinstraße) am 8. August 2014 (AZ: 3 L 635/14.NW)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

Rechts­gebiete
Verkehrsrecht Verkehrsstraf- und OWi-Recht

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