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Hüftim­plantat mit Gesund­heits­risiko: Kein Schadens­ersatz

(dpa/red) Eine Operation ist immer mit einem Risiko verbunden. Wird ein Implantat eingesetzt, können sich auch daraus Kompli­ka­tionen ergeben. Hat ein Patient Anspruch auf Schadens­ersatz, wenn nach der Implan­tation eines Hüftgelenks bekannt wird, dass das Implantat Gesund­heits­risiken birgt?

Nein, entschied das Saarlän­disches Oberlan­des­gericht. In dem von der Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitgeteilten Fall hatten die Ärzte einer Patientin 2006 ein künstliches Hüftgelenk implantiert. Rund zwei Jahre später erhielt der Hersteller der so genannten ASR-Prothese erste Hinweise auf eine erhöhte Revisi­onsquote, also auf eine erhöhte Zahl von Operationen, bei denen die Implan­tation wieder rückgängig gemacht werden musste. Er nahm die Prothesen 2010 vom Markt. Außerdem empfahl er Blutun­ter­su­chungen bei den betroffenen Patienten. Die Untersuchung ergab bei der Frau erhöhte und ansteigende Kobalt- und Chromwerte. 2011 wurde ihre ASR-Prothese ausgetauscht.

Künstliches Hüftgelenk muss wieder entfernt werden

Von dem behandelnden Krankenhaus verlangte sie Schadens­ersatz und Schmer­zensgeld. Schon im Jahr 2006 sei in einschlägigen Medizi­ner­kreisen bekannt gewesen, dass durch das Implantat abrieb­bedingt in möglicherweise gesund­heits­schäd­lichem Maße Kobalt und Chrom im Körper eingelagert würde. Außerdem habe man sie über das Risiko des Eingriffs nicht ausreichend aufgeklärt. 

Keine Verletzung der Sorgfalts­pflicht

Die Gerichte in erster und zweiter Instanz gaben dem Krankenhaus Recht. Die Richter hatten einen Sachver­ständigen hinzugezogen, der ein ausführ­liches Gutachten vorlegte. Danach war in Facharzt­kreisen 2006 zwar bekannt, dass die verwendete so genannte Metall-Metall-Gleitpaarung zu einem Metall­abrieb – wie alle anderen entspre­chenden Gleitpaa­rungen auch – führen könne. Nicht bekannt gewesen sei jedoch, dass der Abrieb bei der ASR-Prothese so hoch sei, dass die Konzen­tration des Kobalt- und Chromabrieb gesund­heits­ge­fährdend sein könne.

Die Richter folgten dem Sachver­ständigen. Sie betonten, dass die behandelnden Ärzte ein zugelassenes Medizin­produkt eines weltweit tätigen Herstellers verwendet hätten, das auch bereits seit längerem auf dem Markt war. 

Facharzt­standard gewahrt

Auch den Vorwurf der mangel­haften Aufklärung wiesen die Richter zurück. Grundsätzlich entscheide der Arzt über die Behand­lungs­methode. Nur wenn es mehrere Methoden gebe, die wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgs­chancen aufweisen – der Patient also eine echte Wahlmög­lichkeit habe –  müsse der Arzt entsprechend darüber aufklären. Dem Patienten stehe dann die Entscheidung frei. 

Solche „aufklä­rungs­pflichtigen Behand­lungs­al­ter­nativen“ habe es hier aber nicht gegeben. Hüftpro­thesen hätten verschiedene Materi­al­kom­bi­na­tionen, die aber alle gemeinsam haben, dass es zu Materi­al­abrieb komme. Alle Konkur­renz­produkte der ASR-Prothese hätten Vor- und Nachteile. Vor diesem Hintergrund stelle die Entscheidung der Ärzte für das ASR-System 2006 eine „Ermessens­ent­scheidung innerhalb des gebotenen Facharzt­standards“ dar.

Saarlän­disches Oberlan­des­gericht am 12. November 2014 (AZ: 1 U 90/13)

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Rechts­gebiete
Kranken­hausrecht Kranken­ver­si­che­rungsrecht Medizinrecht

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