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Hinter­bliebene können virtuelles Kondolenzbuch verhindern

(dpa/red). Kann es eine Witwe verbieten lassen, dass jemand anderes im Internet auf einem Kondolenz­portal eine öffentliche „virtuelle Grabstätte“ für ihren Ehemann einrichtet und dort über diesen schreibt? Das Landgericht Saarbrücken entschied in seinem Urteil vom 14. Februar 2014 (AZ: 13 S 4/14) differen­zierend, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitteilt:

Virtuelle Gedenk­stätten auf Internet­portalen nehmen zu. Jeder kann dort eine Trauer­anzeige über einen Verstorbenen veröffent­lichen, jedoch zusätzlich mit der Funktion, dass auch jeder andere dort Beileids­be­kun­dungen und Kommentare eintragen kann. Sie sind die moderne Form der in der Tagespresse seit jeher bekannten Trauer­an­zeigen. Das Landgericht Saarbrücken hatte zu entscheiden, welche Rechte auf Löschung solcher Veröffent­li­chungen die nächsten Hinter­bliebenen eines Verstorben haben.

Der Fall

Im zu entschei­denden Fall hatte eine Bekannte des Verstorbenen eine solche „virtuelle Grabstätte“ mit Todesanzeige und Kondolenz­funktion in einem Internet­portal errichtet und sich hierin als Geliebte des Verstorbenen ausgegeben. Damit war die Witwe des Verstorbenen nicht einver­standen und klagte gegen den Betreiber der Internetseite, dass nicht nur sämtliche ihren Ehemann betreffende Daten gelöscht werden und die Löschung der Einträge im Suchver­zeichnis der Internetseite www.google.de zu veranlassen, sondern insbesondere, dass sich die Bekannte dort nicht als Geliebte ihres Ehemannes ausgab. 

Die Differen­zierung des Gerichts

Das LG Saarbrücken entschied, dass grundsätzlich die Einrichtung einer solchen virtuellen Grabstätte durch andere Personen als die nächsten Angehörigen zulässig sei, wenn die Daten aus allgemein zugäng­lichen Quellen entnommen werden können. Dies war hier der Fall, da die Witwe in der Tagespresse eine Sterbe­anzeige geschaltet hatte, die alle Daten ihres Ehemannes enthielt. Die bloße Mitteilung von Namen, Geburts- und Sterbedaten, Wohnort, Berufs­be­zeichnung und letzter Ruhestätte in Internet beeinträchtigen den Verstorbenen nicht in seinem Achtungs­an­spruch und Geltungswert. Vielmehr handelt es sich um wertneutrale Daten ohne wertenden Bezug zur Persön­lichkeit des Verstorbenen. Auch die Todesan­zeigen in der Tagespresse werden häufig auf Veranlassung von Angehörigen geschaltet und stellen sich damit als sozial­adäquat dar. Einen Unterschied zum Internet gibt es so gesehen nicht. 

Auch die Kommen­tar­funktion in dem Internet­portal hat die Witwe zu dulden, auch wenn sie den generellen Wunsch hat, von Beileids­be­kun­dungen ihr gegenüber abzusehen. Das Internet­angebot ist nämlich nicht notwendig darauf gerichtet, von dem Angehörigen veranlasst oder von diesem wahrge­nommen zu werden. In erster Linie soll sich in der Öffent­lichkeit zu dem Verstorbenen geäußert werden. Hierdurch wird das Recht des Angehörigen nicht beeinträchtigt allein gelassen zu werden.

Die Witwe hat aber einen Anspruch auf die Löschung solcher Kondolenz­einträge, die den Eindruck erwecken, der Verstorbene habe eine außereheliche Liebes­be­ziehung mit ihrem Ehemann unterhalten: Die Klägerin muss diesen Eindruck nicht dulden. Soweit durch dortige Kondolenz­einträge unrichtige und ehrver­letzende Tatsachen behauptet werden, muss der Betreiber dafür sorgen, dass diese nach Auffor­derung des Betroffenen sofort wieder gelöscht werden. Hierzu gehört auch das Interesse der Witwe, „nicht als gehörnte Ehefrau zu erscheinen.“

LG Saarbrücken am 14. Februar 2014 (Az: 13 S 4/14) 

Quelle: www.dav-erbrecht.de

Rechts­gebiete
Erbrecht

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