(DAA): Verkehrsunfälle auf dem Weg zur Arbeit oder während einer Dienstfahrt sind keine Seltenheit. Doch wer haftet, wenn zwei Kollegen in einen Betriebsunfall verwickelt sind?
Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat am 15. April 2024 (AZ: 13 U 196/23) die Haftungsprivilegierung nach § 104 Abs. 1 SGB VII bestätigt. Das Gericht stellte klar, dass das Haftungsprivileg auch dann gilt, wenn sich ein Unfall im Begegnungsverkehr zwischen zwei Betriebsfahrzeugen ereignet. Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche unterliegen damit der gesetzlichen Unfallversicherung und nicht der Haftpflicht, erklärt das Rechtsportal anwaltauskunft.de.
Haftungsprivileg: Was bedeutet das?
Grundsätzlich haften Unfallverursacher im Straßenverkehr nach dem Zivilrecht für den entstandenen Schaden. Für Arbeitsunfälle enthält das Sozialgesetzbuch VII jedoch besondere Regelungen. Nach § 104 Abs. 1 SGB VII ist der Arbeitgeber oder ein Kollege von Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen befreit, wenn sich der Unfall bei einer versicherten Tätigkeit ereignet hat. In diesen Fällen tritt die gesetzliche Unfallversicherung ein und entschädigt den Geschädigten.
Das bedeutet: Arbeitnehmer erhalten ihre Leistungen direkt von der Berufsgenossenschaft, statt langwierige Prozesse gegen Arbeitgeber oder Kollegen führen zu müssen. Das schont nicht nur den Betriebsfrieden, sondern sorgt auch dafür, dass dem Geschädigten schnell geholfen wird.
Frontalzusammenstoß zweier Firmenbusse
Zwei Busfahrer eines Unternehmens waren im Linienverkehr unterwegs, als einer von ihnen auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit dem Bus seines Kollegen zusammenstieß. Der geschädigte Fahrer erlitt schwere Verletzungen und verlangte von seinem Arbeitgeber und dessen Haftpflichtversicherung Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Das Landgericht wies die Klage jedoch ab - und das OLG hat diese Entscheidung nun bestätigt.
Warum auch Unfälle im Straßenverkehr versichert sind
Ein zentrales Argument des Klägers war, dass sich der Unfall nicht auf dem Betriebsgelände, sondern im allgemeinen Straßenverkehr ereignet habe. Das OLG stellte jedoch klar: Entscheidend ist nicht der Ort des Unfalls, sondern ob die Fahrt im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit erfolgte.
Das Gericht verwies auf frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach eine betriebliche Fahrt auch dann ein "Betriebsweg" ist, wenn sie auf einer öffentlichen Straße stattfindet. Die Haftungsprivilegierung diene sowohl dem Schutz der Unternehmen als auch dem der Arbeitnehmer.
Fazit: Was bedeutet das für die Beschäftigten?
Arbeitnehmer, die während der Arbeit in einen Unfall verwickelt werden, haben keinen Anspruch auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld gegenüber Kollegen oder dem Arbeitgeber, es sei denn, es liegt Vorsatz vor. Stattdessen springt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Auch wenn das oft nachteilig erscheint, hat das System Vorteile:
- Schnelle Entschädigung durch die Berufsgenossenschaft
- Kein Beweis- und Kostenrisiko eines Zivilprozesses
- Schutz des Betriebsfriedens
Wer beruflich unterwegs ist, sollte sich also darüber im Klaren sein, dass bei einem Unfall nicht automatisch Ansprüche gegen den Unfallgegner bestehen - sofern es sich um eine betriebliche Fahrt handelt.
Quelle: www.anwaltauskunft.de
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