Ist aber die Vorsorgeuntersuchung unverdächtig, muss der Frauenarzt keine weiteren Befunde erheben, insbesondere keine Mammographie veranlassen. Dies muss er auch dann nicht, wenn die Patientin familiär vorbelastet ist, entschied das Oberlandesgericht Hamm, wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der Fall
Die Patientin befand sich seit 2006 in der Krebsvorsorgebehandlung. Bei zwei im Jahre 2007 durchgeführten Untersuchungsterminen – bei einem dieser Termine führte der Frauenarzt auf ihren Wunsch auch eine Sonografie durch – stellte er keine Auffälligkeiten fest. Bei einem Folgetermin im Frühjahr 2008 wies die Patientin ihn auf eine tastbare auffällige Brustverhärtung hin, deren weitere Untersuchung zur Diagnose eines größeren Karzinoms mit Lymphknotenmetastasen führte. Das Karzinom und die Metastasen mussten operativ entfernt werden, wobei die Frau eine Brust verlor. Sie musste sich einer vorbereitenden Chemotherapie und postoperativen Bestrahlungen unterziehen.
Die Frau verlangte Schadensersatz, unter anderem ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro, rund 25.000 Euro Haushaltsführungsschaden sowie eine monatliche Rente von etwa 1.000 Euro. Sie begründete ihre Klage damit, dass der Arzt vor dem Hintergrund ihrer familiären Vorbelastung ihre Brustkrebserkrankung zu spät erkannt habe. Die Beweglichkeit ihres rechten Arms sei infolge der Krebserkrankung so stark eingeschränkt, dass sie ihren erlernten Beruf als Friseurin nicht mehr ausüben könne.
Die Entscheidung
Die Frau verlor in zwei Instanzen. Die Gerichte konnten keine fehlerhafte Behandlung erkennen. Dafür hatten sie auch ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Eine fehlerhafte Beurteilung der bei den Untersuchungen aus dem Jahre 2007 erhobenen Befunde sei nicht nachweisbar. Aus dem im März 2008 erhobenen Tastbefund sei nicht zu schließen, dass ein tastbarer Tumor bereits bei der letzten Untersuchung im Jahre 2007 vorhanden gewesen sein müsse. Man könne dem Gynäkologen auch nicht vorwerfen, dass er im Jahre 2007 keine weiteren Befunde erhoben, insbesondere der Patientin nicht zur Durchführung einer Mammografie geraten habe. Auch unter Berücksichtigung ihrer familiären und persönlichen Vorbelastungen sei sie keine Risikopatientin gewesen. Auch sei nicht festzustellen, dass der Arzt die Sonografie im Jahre 2007 fehlerhaft durchgeführt habe.
Unabhängig von der Frage einer fehlerhaften Behandlung sei auch nicht bewiesen, dass die Erkrankung weniger gravierend verlaufen wäre, wenn eine Brustkrebserkrankung bereits im Jahre 2007 diagnostiziert worden wäre.
Oberlandesgerichts Hamm am 17. September 2013 (AZ: 25 U 88/12)
Quelle: www.dav-medizinrecht.de
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