Motorradfahrer verstoßen dann gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot. Bei einem Zusammenstoß mit einem von einem Parkplatz kommenden Pkw, der in eine für ihn eröffnete Lücke in der Kolonne einbiegt, trifft sie eine Mithaftung von einem Drittel. Auf eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Tübingen macht die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam.
Motorrad überholt Kolonne links
Eine Motorradfahrerin fuhr innerorts links an einer stehenden Fahrzeugkolonne vorbei. Für jede Fahrtrichtung gab es nur einen Fahrstreifen. In dem Moment beabsichtigte eine Autofahrerin, von einem Parkplatz kommend nach links auf die Straße einzubiegen. Dazu wollte sie eine für sie offen gelassene Lücke nutzen. Dabei kam es zum Unfall mit der Motorradfahrerin. Diese erlitt erhebliche Verletzungen mit dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen am rechten Arm und rechten Bein. Die Autofahrerin erkannte eine Haftungsquote von zwei Dritteln an. Die Motorradfahrerin als Klägerin ging von einer vollen Haftung aus. Sie forderte außerdem den Ersatz ihres Haushaltsführungsschaden, da sie den Haushalt während der Verletzung nicht führen konnte.
Motorradfahrer haftet zu einem Drittel
Die Autofahrerin habe zwar ihre Pflichten verletzt, als sie von einem Parkplatz über einen abgesenkten Bordstein nach links abgebogen sei. Sie hätte auch mit verbotenem überholendem Verkehr rechnen müssen. Die Motorradfahrerin hingegen habe gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen und bei unklarer Verkehrslage überholt. Sie habe sich um des eigenen schnelleren Vorankommens willen über Verbote hinweggesetzt. Die Abwägung des beiderseitigen Verschuldens und der Betriebsgefahren führe zu einer Haftungsverteilung von einem Drittel zu zwei Dritteln zulasten der Autofahrerin.
Zum Haushaltsführungsschaden
Zum näher spezifizierten Haushaltsführungsschaden ging das Gericht von einem Stundensatz von zwölf Euro aus. Es verwies dabei auf die Höhe der Entschädigung für Zeugen vor Gericht, die nicht berufstätig sind und einen Haushalt für mehrere Personen führen. Der Gesetzgeber habe hier eine eigene, pauschalierende Bewertung für den Wert dieser Tätigkeiten abgegeben.
Hinweis: Gegenwärtig gilt ein Stundensatz von 14 Euro. Die Gerichte legen aber häufig auch einen Stundensatz von lediglich acht bis neun Euro fest. Dieser Stundensatz könnte sich nach Ansicht der DAV-Verkehrsrechtsanwälte aufgrund des Mindestlohns in nächster Zeit aber wieder erhöhen.
Landgericht Tübingen am 10. Dezember 2013 (AZ: 5 O 80/13)
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 16.09.2014