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Geschlechts­an­gleichung darf aus Handels­re­gis­ter­eintrag ersichtlich sein

(red/dpa). Hat ein Transse­xueller seine Vornamen geändert, dürfen laut Transse­xu­el­len­gesetz (TSG) die früheren Vornamen des Betroffenen ohne dessen Zustimmung „nicht offenbart oder ausgeforscht werden“. Ausnahme: Wenn „besondere Gründe des öffent­lichen Interesses dies erfordern“. Doch wann genau ist das?

So entschied das Schleswig-Holstei­nisches Oberlan­des­gericht, dass die transse­xuelle Geschäfts­führerin einer GmbH keinen Anspruch darauf hat, dass ihr früherer männlicher Vorname aus dem Handels­re­gis­ter­eintrag gelöscht wird. Das berichtet die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Die Geschäfts­führerin einer von ihr gegründeten GmbH war in einem männlichen Körper geboren worden und trug zunächst männliche Vornamen. Nachdem das Gericht ihre Zugehö­rigkeit zum weiblichen Geschlecht ausgesprochen und sie weibliche Vornamen erhalten hatte, beantragte sie, ihren Namens­wechsel im Handels­re­gister einzutragen. Das Register­gericht trug als "Änderung" den jetzigen Namen ein. Im Interesse des Persön­lich­keits­schutzes verschob das Gericht die vorgelegte Geburts­urkunde, den Beschluss zur Namens­än­derung und den Antrag nicht in den online zugäng­lichen Register­ordner. 

Antrag auf vollständige Löschung

Die Frau beantragte, den männlichen Vornamen vollständig zu löschen. Andernfalls könne ein Leser vermuten, dass ein Geschäfts­füh­rer­wechsel stattge­funden habe oder er könne den Schluss auf die durchge­führte Geschlechts­an­gleichung ziehen. Beides benach­teilige sie: Ein Geschäfts­füh­rer­wechsel werde im Geschäfts­verkehr teilweise negativ bewertet. Würde andererseits ihre Geschlechts­an­gleichung offenbar, stelle das ihre Intimsphäre bloß. Die Frau erklärte, sie erleide täglich Nachteile durch die bisherige Eintragung. 

Recht auf informa­tionelle Selbst­be­stimmung nicht schran­kenlos

Vor Gericht hatte sie keinen Erfolg. Das öffentliche Interesse daran, Richtigkeit und Vollstän­digkeit des Handels­re­gisters zu gewähr­leisten, habe Priorität gegenüber dem Recht der Frau auf vollständigen Schutz ihrer informa­tio­nellen Selbst­be­stimmung. Nach einer rechts­kräftigen Namens­än­derung dürften die früher geführten Vornamen ohne Zustimmung des Beteiligten nur dann offenbart werden, wenn besondere Gründe des öffent­lichen Interesses dies erforderten. Dies sei hier der Fall. Das Register diene der verläss­lichen Regelung des Firmen­verkehrs in ganz Europa. Diese besondere Funktion des Registers würde untergraben, wenn sämtliche Hinweise auf den früher geführten männlichen Vornamen aus den Eintra­gungen und -akten beseitigt würden.

Das Register­gericht habe bei der Gestaltung der Eintragung ausreichend Rücksicht auf die Persön­lich­keits­rechte der Frau genommen, indem es in der Eintragung nicht auf eine "Namens­än­derung nach dem TSG" hingewiesen habe. Auch habe es dafür gesorgt, dass der Beschluss über die Geschlechts­an­gleichung nicht öffentlich einsehbar sei.

Schleswig-Holstei­nisches Oberlan­des­gericht am 17. April 2014 (AZ: 2 W 25/14)

Rechts­gebiete
Ehe- und Famili­enrecht

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