Kommt es zu Gehaltsnachzahlungen für Vorjahre und führen diese wegen der Progression zu höheren Steuern, kann man diesen „Steuerschaden“ ersetzt bekommen. Diesen steuerlichen Nachteil kann der Arbeitnehmer als Schaden vor dem Arbeitsgericht geltend machen, so das Sächsische Landesarbeitsgericht in Chemnitz.
Steuerprogression und Steuerschaden
Zunächst stritten der Mitarbeiter und der Arbeitgeber vor Gericht, ob die außerordentliche fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber rechtmäßig war. Sie war es nicht, und das Arbeitsgericht Bautzen entschied, dass das Arbeitsverhältnis weiter besteht. In einem anschließenden Rechtsstreit machte der Mitarbeiter Vergütung für die Jahre 2009, 2010 und 2011 sowie Urlaubsabgeltung und Schadensersatz geltend. Der Arbeitgeber musste für die Jahre 2010 und 2011 Gehalt nachzahlen. Er zahlte den Betrag im Jahr 2012 aus. Aufgrund der zur Zeit viel diskutierten Progression der Steuersätze musste der Mitarbeiter über 6.000 Euro mehr an Steuern zahlen. Diesen Betrag verlangte er als „Steuerschaden“ vor dem Arbeitsgericht von seinem Arbeitgeber.
Die erste Instanz urteilte, dass der Steuerschaden zu ersetzen sei. Der Arbeitgeber war jedoch der Meinung, dass ein Arbeitsgericht nicht darüber entscheiden könne, da es für Steuerstreitigkeiten nicht zuständig sei.
Steuerschaden ist zu ersetzen
Das Landesarbeitsgericht bestätigte jedoch die Entscheidung. Sehr wohl könne ein solcher Steuerschaden vor den Arbeitsgerichten geltend gemacht werden. Dieser entstehe, weil Arbeitsvergütungen grundsätzlich im Steuerjahr des Zuflusses zu versteuern seien. Das gelte auch dann, wenn die Arbeitsvergütung für ein dem Steuerjahr vorangegangenes Beschäftigungsjahr nachgezahlt werde. Komme es danach zu Nachzahlungen aus den Vorjahren, so könne die einmalige Zahlung zusammen mit der laufenden Arbeitsvergütung im Steuerjahr zu einer "progressionsbedingten" erhöhten Steuerbelastung führen. Auch dieser steuerliche Nachteil könne geltend gemacht werden.
Zwar beruhe der finanzielle Nachteil des Arbeitnehmers auf der Anwendung zwingender Steuervorschriften. Zu dem möglichen Steuerschaden sei es aber nur deshalb gekommen, weil der Arbeitgeber nicht fristgerecht gezahlt habe. Dass das Gesetz dem Arbeitgeber die Erfüllung der steuerrechtlichen Pflichten des Arbeitnehmers treuhänderisch auferlege, diene gerade auch dem Schutz der steuerlichen Interessen des Arbeitnehmers. Die regelmäßige Zahlung der
Bruttovergütung solle ein gleichmäßiges und berechenbares Einkommen des Arbeitnehmers sichern. Die genannten steuerrechtlichen Nachteile seien daher von der Ersatzpflicht mit erfasst.
Sächsisches Landesarbeitsgericht am 27. Januar 2014 (AZ: 4 Ta 268/13)
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.09.2014