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Festlegung des Kindes­un­terhalts anhand von fiktivem Vollerwerbs­ein­kommen

(DAV). Ist ein unterhalts­pflichtiger Elternteil arbeitslos, muss er beweisen, dass er sich wirklich um eine Arbeits­stelle bemüht hat. Kann er dies nicht, wird zur Beurteilung seiner Leistungs­fä­higkeit ein fiktives, also nur angenommenes Einkommen festgelegt.

Zugrunde gelegt werden muss dabei ein fiktives Vollerwerbs­ein­kommen, kein fiktives Nebener­werbs­ein­kommen. Auf diese Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm weist die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) hin.

Leistungen zu niedrig, um für die Kinder aufzukommen

Die getrennt lebenden Eltern dreier minder­jähriger Kinder stritten über die Verpflichtung des Vaters, monatlich rund 950 Euro Unterhalt für die Kinder zu zahlen. Der Mann erhielt Arbeits­lo­sengeld II in Höhe von etwa 775 Euro. Bis 2012 war er selbständig im Gastro­no­mie­gewerbe tätig. Danach hätte er als ungelernter Hilfskoch arbeiten können, was er aber nicht tat.

Fiktives Nettoein­kommen unter dem Selbst­behalt

Die Kinder hätten keinen Anspruch auf Unterhalt, da der Vater keine Leistungen in ausrei­chender Höhe erhalte, so die Richter. In der Tat könnte der Mann aber einer abhängigen Beschäf­tigung in Vollzeit nachgehen. Er habe nicht nachge­wiesen, dass er dies aus gesund­heit­lichen Gründen nicht könne oder trotz ausrei­chender Bemühungen keinen Arbeitsplatz gefunden habe. Für die Beurteilung seiner Leistungs­fä­higkeit sei daher von einem fiktiven Vollerwerbs­ein­kommen auszugehen. Dies betrage bei einem Hilfskoch in Nordrhein-Westfalen monatlich durchschnittlich 1.387 Euro brutto. Von diesem Einkommen seien Steuern, Sozial­ver­si­che­rungs­abgaben und berufs­be­dingte Aufwen­dungen abzuziehen. Übrig bleibe ein Nettobetrag, der unter dem so genannten Selbst­behalt eines Vollerwerbs­tätigen von 1.000 Euro liege. Unterhalts­pflichtige haben aber Anrecht auf einen monatlichen Selbst­behalt, von dem sie ihren eigenen Lebens­un­terhalt bestreiten können.

Lege man der Berechnung die monatlichen Sozial­leis­tungen und ein fiktives, teilweise anrech­nungsfrei bleibendes monatliches Nebenein­kommen zugrunde, ergebe sich rein rechnerisch eine Leistungs­fä­higkeit in geringem Umfang. Das fiktive Einkommen betrage rund 940 Euro, dem ein Selbst­behalt von 850 – 900 Euro gegenüberstehe. Die Differenz wäre der zu zahlende Kindes­un­terhalt.

Jedoch nur bei einem bereits gerichtlich festge­legten Unterhalts­an­spruch komme es auf das aus Sozial­leis­tungen und Nebenein­kommen bestehende Einkommen an. Ein Unterhalts­an­spruch dürfe aber nicht auf der Grundlage festge­stellt werden, dass der Unterhalts­schuldner auf Dauer im Bezug von Sozial­leis­tungen und eines anrech­nungs­freien Teils fiktiver Nebenein­künfte verbleibe.

Deswegen sei die Leistungs­fä­higkeit des Vaters als Unterhalts­schuldner nach einem fiktiven Vollerwerbs­ein­kommen zu beurteilen.

Oberlan­des­gericht Hamm am 02. Januar 2014 (AZ: 3 UF 192/13) 

Quelle: www.dav-famili­enrecht.de 

Rechts­gebiete
Ehe- und Famili­enrecht Ehescheidung / Scheidungsrecht Unterhaltsrecht

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