Ein „Ersatzerbe“ erbt, wenn der eigentliche Erbe den Erbfall nicht erlebt. Ein „Nacherbe“ erbt dann, wenn der erste Erbe den Erbfall zwar erlebt, dann aber verstirbt. Das Oberlandesgericht Hamm musste aber entscheiden, ob der Ersatzerbe auch der Nacherbe sein soll, informiert die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Eine testamentarische Anordnung, die für den Fall des kinderlosen Versterbens eines Erben einen Ersatzerben bestimmt, kann nicht ohne weiteres so ausgelegt werden, dass dann, wenn der Erbe den Erbfall erlebt (so dass der Ersatzerbfall nicht eintritt), eine Vor- und Nacherbschaft gewollt ist.
Der Fall
Die Verstorbene hinterließ vier Kinder. Sie hatte im Jahre 1985 eigenhändig ihr Testament geschrieben. Darin verfügte sie, dass der 1952 geborene Sohn ihr alleiniger Erbe werden solle. Für den Fall seines kinderlosen Versterbens bestimmte sie ihren 1958 geborenen Sohn zum „Ersatzerben“. Nachdem der ältere Sohn 2012 kinderlos verstarb, beantragte der jüngere Sohn einen Erbschein, der ihn als Alleinerben seiner Mutter ausweist.
Gericht: Ersatzerbe ist kein Nacherbe
Das sah das Gericht anders: Das Testament sei zwar auslegungsbedürftig, es sei ihm jedoch nicht zu entnehmen, dass der jüngere Sohn auch dann erben solle, wenn der Erstgeborene den Erbfall erlebt. Zwar seien der Verstorbenen die juristischen Begriffe einer Vor- und Nacherbschaft wohl nicht geläufig gewesen. In diesem Fall sei aber zu erwarten gewesen, dass sie in Bezug auf ihren Nachlass eine der Vorerbschaft entsprechende Verfügungsbeschränkung bestimmt hätte. Dazu gebe das Testament aber nichts her. Es besage nicht mehr als den Austausch der zur Erbfolge berufenen Personen. Weder durch die weitere Testamentsurkunde noch durch andere Umstände sei auf einen Willen der Erblasserin zur Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft zu schließen. Gehe man aber davon aus, dass der jüngere Sohn Ersatzerbe sei, sei er nicht Erbe geworden, weil sein älterer Bruder die Erblasserin überlebt und deswegen selbst geerbt habe.
Oberlandesgericht Hamm am 18. Juli 2013 (AZ: 15 W 88/13)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
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