Eine EU-Fahrerlaubnis darf in Deutschland entzogen werden, wenn sich nach deren Erteilung aufgrund neuer Tatsachen berechtigte Zweifel an der Fahreignung ergeben. Können diese nicht ausgeräumt werden, ist der „Lappen“ weg. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Neustadt an der Weinstraße.
Alkoholfahrt mit EU-Führerschein – MPU
In dem konkreten Fall ging es um einen in Tschechien ausgestellten EU-Führerschein. Die deutschen Behörden hatten dem Autofahrer die Fahrerlaubnis wegen mehrerer, auch strafrechtlich verfolgter Trunkenheitsfahrten entzogen und die Wiedererteilung abgelehnt. Im Jahr 2010 erwarb er die Fahrerlaubnis in Tschechien. Danach fuhr er 2013 erneut unter Alkohol mit etwa 0,8 Promille. Dieser Wert rechtfertigt für sich gesehen keine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU).
Doch wegen der früheren Straftaten forderte die zuständige Fahrerlaubnisbehörde von dem Mann einen „Idiotentest“.
Sie begründete dies mit wiederholter Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Nachdem der Mann das Gutachten nicht vorgelegt hatte, entzog die Behörde ihm die Fahrerlaubnis. Der Mann vertrat dagegen die Auffassung, er habe das Gutachten nicht vorlegen müssen. Man dürfe ihm nur die Alkoholfahrt nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis vorwerfen. Diese rechtfertige aber wegen der geringen Blutalkoholkonzentration keine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU). Er klagte deshalb beim Verwaltungsgericht.
MPU auch nach geringerem Alkoholverstoß
Das Gericht wies die Klage ab. Die Entziehung der Fahrerlaubnis verstoße nicht gegen den europarechtlichen Grundsatz der vorbehaltslosen gegenseitigen Anerkennung der in den EU-Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine. Die EU-Richtlinie erlaube es nämlich, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften über die Entziehung einer Fahrerlaubnis anwendeten. Voraussetzung sei, dass dies durch Umstände nach Erwerb der Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat gerechtfertigt sei.
Dies sei dann der Fall, wenn der Verstoß nach Erteilung des EU-Führerscheins begangen worden sei, und ein Zusammenhang mit dem früheren Verhalten bestehe.
Das sah das VG Neustadt hier aufgrund der mehrfachen, nicht unerheblichen Alkoholauffälligkeiten des Mannes vor und nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis als gegeben.
Auch sei die Alkoholfahrt mit 0,8 Promille von solchem Gewicht, dass sie ein Einschreiten der Fahrerlaubnisbehörde rechtfertige. Daher sei sie – wie gegenüber dem Inhaber eines deutschen Führerscheins – berechtigt, aufgrund der wiederholten Verkehrsauffälligkeiten eine MPU zu fordern. Nachdem der Mann kein Gutachten vorgelegt habe, habe man ihm die tschechische Fahrerlaubnis zu Recht entzogen.
Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) am 25. Februar 2015 (AZ: 1 K 720/14.NW)
Quelle: www.verkehrsrecht.de