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Tipps&Urteile

Entschä­digung für Nachbars Laub? – Die Laubrente

(DAV). Herbstzeit ist Laubzeit. Blumenbeete, Rasen – einfach alles ist mit Laub bedeckt. Hinzu kommt: Die Regenrinne ist verstopft. Besonders ärgerlich, wenn das Laub von Nachbars Garten herüberweht. Muss man das eigentlich hinnehmen oder kann man für den eigenen Aufwand eine Entschä­digung verlangen?

Grundsätzlich kann ein Grundstücks­be­sitzer von seinem Nachbarn einen angemessenen finanziellen Ausgleich verlangen, wenn die störenden Einwir­kungen über das zumutbare Maß hinausgehen. Laub aus Nachbars Garten ist allerdings dann hinzunehmen, wenn die Bepflanzung mit Laubbäumen dem Charakter der Gegend entspricht, entschied das Amtsgericht München.

Der große Lindenbaum

Die Eigentümer zweier Grundstücke waren in Streit geraten. Grund war ein alter Lindenbaum mit großer Krone, der auf dem Grundstück eines Ehepaares stand, etwa zehn bis zwölf Meter entfernt von der Grundstücks­grenze ihrer Nachbarin.

Mehrmals im Jahr, so beschwerte sich die Nachbarin, sei das Grundstück durch Blüten, Samen, Blätter und Äste des Lindenbaums in einem Radius von mindestens 30 Metern bedeckt, im Herbst bilde sich aus Blättern eine mehr als zehn Zentimeter dicke Schicht. Nicht nur der gepflegte Rasen und der Gemüse­garten seien bedeckt, sondern auch die Regenrinnen verstopft. Zudem bildeten sich auf der Garagen­zufahrt und vor dem Garagentor Laubhaufen. Die Pflege des Gartens sei dadurch erheblich erschwert. Sie müsse die Regenrinnen mindestens drei- bis viermal im Jahr reinigen und jährlich 10-15 80-Liter-Tonnen Laub entsorgen.

Es sei angemessen, wenn sie für all diese Mühen jährlich 500 Euro erhielte. Das komme nicht infrage, entgegnete das Ehepaar. Die Laubmengen, die entsorgt werden müssten, beträfen den gesamten Laubanfall auf dem Grundstück der Nachbarin und stammten keinesfalls überwiegend von ihrem Lindenbaum. 

Gericht: Wohnen im Grünen ist mit Laubfall verbunden

Die zuständige Richterin wies die Forderung nach einer „Laubrente“ ab: Grundsätzlich könne zwar ein Grundstücks­ei­gentümer einen finanziellen Ausgleich verlangen, wenn von dem Nachbar­grundstück Einwir­kungen ausgingen, die ortsüblich seien und die Benutzung wesentlich beeinträch­tigten. Dabei könnten das Abfallen von Lindenlaub und -blüten auf ein Nachbar­grundstück durchaus eine solche Einwirkung sein. 

Für die Beurteilung der Beeinträch­tigung sei maßgebend, in welchem Ausmaß die Benutzung des Grundstücks gestört werde. Maßstab sei dabei das Empfinden eines verständigen Durchschnitts­be­nutzers. Für ein Wohngrundstück sei maßgeblich, ob das Wohnen an Annehm­lichkeit verliere und der Grundstückswert dadurch gemindert werde. Hier sei das Grundstück im Frühjahr mit Blüten und im Herbst mit Laub des Lindenbaums bedeckt, es handele sich daher um jahres­zeitlich bedingte und beschränkte Einwir­kungen. Ein durchschnittlich empfin­dender und denkender Anwohner ohne besondere Empfind­lichkeit würde die geschil­derten Beeinträch­ti­gungen ohne Entschä­di­gungs­ver­langen hinnehmen. 

Diese Beeinträch­ti­gungen seien auch hinzunehmen. Das Umfeld bestehe ebenfalls aus Garten­grund­stücken und sei mit Bäumen bepflanzt. Der Laubfall von einem Nachbar­grundstück sei also ortsüblich. In einer sehr grünen Wohngegend, wo auf nahezu allen Grundstücken Laubbäume stünden, werde der Charakter des Gebiets durch die Baumbepflanzung geprägt, begründet das Gericht seine Entscheidung.

Laubfall ist normal

Die Einwir­kungen beeinträch­tigten die Benutzung des Grundstücks der Nachbarin auch nicht über das zumutbare Maß hinaus. Auch hinsichtlich der Unzumut­barkeit sei auf das Empfinden eines verständigen Durchschnitts­be­nutzers, nicht des konkreten Benutzers des betroffenen Grundstücks, abzustellen. So müsse die Frau es hinnehmen, das Laub entsorgen und die Regenrinnen 3-4-mal im Jahr reinigen zu müssen. Die benach­barten Grundstücke befänden sich in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit hohem Baumbestand. Infolge­dessen sei das Grundstück der Frau wie auch die Mehrheit der Vergleichs­grund­stücke dem Abfallen von Laub, Blüten und Ästen der fremden und eigenen Bäume ausgesetzt. Deshalb müsse sie, ebenso wie auch andere Grundstücks­nutzer in der Gegend, regelmäßig Reinigungs­ar­beiten vornehmen.

Das Alter und das eigene Vermögen des Grundstücks­be­nutzers spiele dabei keine Rolle. Die Frau genieße das Wohnen im Grünen als Lagevorteil, daher müsse sie den damit verbundenen Nachteil der erhöhten Grundstücks­ver­schmutzung durch pflanzliche Bestandteile in Kauf nehmen. Auch das gewachsene Umwelt­be­wusstsein in weiten Teilen der Bevölkerung, die das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohnge­bieten als erstre­benswert ansähen, spreche gegen eine Beeinträch­tigung der Nachbarin über das zumutbare Maß hinaus.

Amtsgericht München am 26. Februar 2013 (AZ: 114 C 31118/12)

Rechts­gebiete
Miet- und Pachtrecht Nachbarrecht

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