Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Tipps&Urteile

Ein für einen Erben gerichtlich eingesetzter Abwesen­heits­pfleger kann noch nach Jahren haftbar gemacht werden

(dpa/red). Ist der Aufenthalt eines Erben unbekannt, so kann für seine Vermögens­an­ge­le­gen­heiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, ein Abwesen­heits­pfleger bestimmt werden. Bei der Abwicklung des geerbten Nachlasses muss der Abwesen­heits­pfleger das beste Ergebnis für den Abwesenden erreichen. Auch nach Jahren kann sich aber heraus­stellen, dass das was damals gut schien, heute schlecht ist. Dann kann der Abwesen­heits­pfleger hierfür haften.

Ob eine zum Schadens­ersatz führende Pflicht­ver­letzung des Abwesen­heits­pflegers vorliegt, richtet sich grundsätzlich danach, welche Aufgaben der Abwesen­heits­pfleger wahrzu­nehmen hat und welche Pflichten er hierbei unterliegt. Er hat die Vermögens­an­ge­le­gen­heiten des Abwesenden in dessen Interesse treuhän­derisch wahrzu­nehmen. Der Abwesen­heits­pfleger ist, nur zu Rechts­ge­schäften befugt, die die ordnungs­gemäße Sicherung, Erhaltung und Verwaltung des Vermögens des Abwesenden im Auge haben. Der Abwesen­heits­pfleger ist zu Verfügungen über Vermögens­ge­gen­stände zwar ermächtigt, muss sich aber grundsätzlich davon leiten lassen, das Vermögen in seinem ursprüng­lichen Zustand zu erhalten. Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Branden­bur­gischen Oberlan­des­ge­richts.

Abwesen­heits­pfleger für Erben

Das Gericht setzte einen Abwesen­heits­pfleger zum Verkauf eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks ein. Der Abwesen­heits­pfleger verkaufte im Mai 2001 ein zum Nachlass gehörendes Grundstück für umgerechnet rund 78.000 €. Der Kläger, eine Erbenge­mein­schaft, verlangt vom beklagten Abwesen­heits­pfleger rund 211.000 € Schadens­ersatz, weil dies die Wertstei­gerung des Grundstücks bis heute sei. 

Abwesen­heits­pfleger haftet

Das Landgericht Potsdam hat die Klage der Erbenge­mein­schaft zunächst abgewiesen. Das OLG Brandenburg gab der Erbenge­mein­schaft hingegen Recht. Ein Grundstücks­verkauf ist nur dann als zweckmäßig und im Interesse des Abwesenden anzusehen, wenn besondere Voraus­set­zungen vorliegen, es sich z.B. um ein nur lasten­brin­gendes Grundstück handelt oder ein Grundstücks­verkauf zur Deckung von dringenden Schulden als vorteilhaft erscheint. Im vorlie­genden Fall brachte das verkaufte Grundstück durch die damals gegebene Verpachtung zwar geringe aber regelmäßige Einkünfte. Da auch kein Wertverlust des Grundstücks drohte, gab es aus Sicht des Abwesenden kein besonderes Interesse an dem Verkauf des Grundstücks zum damaligen Zeitpunkt. Es bedurfte also keiner Fürsorge hinsichtlich einer Vermögens­an­ge­le­genheit des Abwesenden, sodass das Grundstück nicht durch den Abwesen­heits­pfleger verkauft werden durfte. Dass das Gericht ihn zum Zweck des Grundstücks­verkaufs eingesetzt hat, entbindet ihn nicht von seiner Pflicht, selbst zu prüfen, was erforderlich ist. Die Differenz zum heutigen Wert des Grundstücks ist also durch den Abwesen­heits­pfleger zu bezahlen. Im vorlie­genden Fall hat der Gutach­ter­aus­schuss den heutigen Wert des Grundstücks auf rund 300.800 € geschätzt. Hiervon musste der damalige Verkaufserlös zuzüglich dessen Verzinsung von rund 12.500 € abgezogen werden, sodass der Erbenge­mein­schaft rund 211.000 € zugesprochen wurden.

Branden­bur­gisches Oberlan­des­gericht am 4. November 2014 (Az: 3 U 156/11)

Quelle: www.dav-erbrecht.de

Rechts­gebiete
Erbrecht

Zurück