Ob eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung des Abwesenheitspflegers vorliegt, richtet sich grundsätzlich danach, welche Aufgaben der Abwesenheitspfleger wahrzunehmen hat und welche Pflichten er hierbei unterliegt. Er hat die Vermögensangelegenheiten des Abwesenden in dessen Interesse treuhänderisch wahrzunehmen. Der Abwesenheitspfleger ist, nur zu Rechtsgeschäften befugt, die die ordnungsgemäße Sicherung, Erhaltung und Verwaltung des Vermögens des Abwesenden im Auge haben. Der Abwesenheitspfleger ist zu Verfügungen über Vermögensgegenstände zwar ermächtigt, muss sich aber grundsätzlich davon leiten lassen, das Vermögen in seinem ursprünglichen Zustand zu erhalten. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.
Abwesenheitspfleger für Erben
Das Gericht setzte einen Abwesenheitspfleger zum Verkauf eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks ein. Der Abwesenheitspfleger verkaufte im Mai 2001 ein zum Nachlass gehörendes Grundstück für umgerechnet rund 78.000 €. Der Kläger, eine Erbengemeinschaft, verlangt vom beklagten Abwesenheitspfleger rund 211.000 € Schadensersatz, weil dies die Wertsteigerung des Grundstücks bis heute sei.
Abwesenheitspfleger haftet
Das Landgericht Potsdam hat die Klage der Erbengemeinschaft zunächst abgewiesen. Das OLG Brandenburg gab der Erbengemeinschaft hingegen Recht. Ein Grundstücksverkauf ist nur dann als zweckmäßig und im Interesse des Abwesenden anzusehen, wenn besondere Voraussetzungen vorliegen, es sich z.B. um ein nur lastenbringendes Grundstück handelt oder ein Grundstücksverkauf zur Deckung von dringenden Schulden als vorteilhaft erscheint. Im vorliegenden Fall brachte das verkaufte Grundstück durch die damals gegebene Verpachtung zwar geringe aber regelmäßige Einkünfte. Da auch kein Wertverlust des Grundstücks drohte, gab es aus Sicht des Abwesenden kein besonderes Interesse an dem Verkauf des Grundstücks zum damaligen Zeitpunkt. Es bedurfte also keiner Fürsorge hinsichtlich einer Vermögensangelegenheit des Abwesenden, sodass das Grundstück nicht durch den Abwesenheitspfleger verkauft werden durfte. Dass das Gericht ihn zum Zweck des Grundstücksverkaufs eingesetzt hat, entbindet ihn nicht von seiner Pflicht, selbst zu prüfen, was erforderlich ist. Die Differenz zum heutigen Wert des Grundstücks ist also durch den Abwesenheitspfleger zu bezahlen. Im vorliegenden Fall hat der Gutachterausschuss den heutigen Wert des Grundstücks auf rund 300.800 € geschätzt. Hiervon musste der damalige Verkaufserlös zuzüglich dessen Verzinsung von rund 12.500 € abgezogen werden, sodass der Erbengemeinschaft rund 211.000 € zugesprochen wurden.
Brandenburgisches Oberlandesgericht am 4. November 2014 (Az: 3 U 156/11)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 14.04.2015