So kann etwa ein Berufsunfähigkeitsversicherer aufgrund falsch beantworteter Gesundheitsfragen den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung erfolgreich anfechten, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied.
Der Fall
Ein Bauschlosser beantragte im Januar 2001 bei einer Versicherung eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Frage im Antragsformular, ob er in den letzten zehn Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden gelitten habe oder leide, beantwortete er mit ‚Nein’. Auf die Frage nach Arztbesuchen gab er für den Januar 2001 einen Arztbesuch wegen einer Angina an. An Arzneimitteln habe er in den letzten zwölf Monaten über vier Tage ein Antibiotikum eingenommen. Tatsächlich war der Mann aber in den letzten zehn Jahren mehrfach arbeitsunfähig: im Jahr 1994 vier Tage wegen Schulterbeschwerden und eines Überlastungssyndroms und danach immer wieder wegen diverser Erkrankungen.
So kam ein Versicherungsvertrag zustande. 2011 beantragte der Mann unter Hinweis auf ‚Rückenprobleme (Bandscheibe)’ Leistungen wegen Berufsunfähigkeit. Die Versicherung zog Erkundigungen ein und stieß auf die früheren Erkrankungen und die Arbeitsunfähigkeit des Mannes. Sie focht deshalb den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Der Versicherungsnehmer war der Auffassung, dass die Anfechtung nicht wirksam sei: Er habe sich nicht mehr an die Vorerkrankungen erinnert, außerdem sei ihm nicht klar gewesen, dass er diese hätten angeben müssen. Medizinische Laien sähen Rückenschmerzen nicht als Krankheit an.
Wichtige Umstände bewusst verschwiegen
Seine Klage auf Zahlung der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente von rund 900 Euro war erfolglos. Die Anfechtung des Versicherungsvertrages sei gültig, so die Richter. Der Mann habe die Versicherung arglistig getäuscht. Ein arglistiges Verhalten sei bereits dann anzunehmen, wenn der Täuschende wisse oder damit rechne, dass er unzutreffende Angaben mache, durch die beim Empfänger eine falsche Vorstellung entstehe. Verschweigt der Versicherungsnehmer Umstände, deren Bedeutung auch aus seiner Sicht auf der Hand liege, also etwa schwere oder chronische Erkrankungen, liege grundsätzlich eine Täuschung nahe.
Hier habe der Mann die Gesundheitsfragen objektiv falsch beantwortet. Er habe über die Angina hinaus in den zehn Jahren weitere Beschwerden gehabt und sei deswegen auch behandelt worden. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum der Mann die Schulter- und Rückenbeschwerden nicht angegeben habe. Die Beschwerden für sich genommen könne er möglicherweise für nicht sehr bedeutsam und für eine Folge berufsbedingter Überlastung angesehen haben. Bei mehrfachem Auftreten hätte er jedoch erkennen müssen, dass derartig überlastungsbedingte Beschwerden für die Versicherung wichtig seien. Für seine Arglist spreche aber in erster Linie, dass der Kläger Thromboseerkrankungen verschwiegen habe, wegen denen er zweimal über einen längeren Zeitraum hinweg krankgeschrieben gewesen sei. Beide Erkrankungen hätten auch noch nicht lange zurückgelegen. Die Versicherung hätte bei Kenntnis dieser Umstände den Versicherungsantrag nicht angenommen.
Oberlandesgericht Karlsruhe am 5. Februar 2013 (AZ: 12 U 140/12)
- Datum
- Aktualisiert am
- 20.09.2013