(DAA). Behördliche Warnungen vor Sicherheitsrisiken wie die des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gegen den russischen Softwarehersteller Kaspersky werfen für die IT-Branche und ihre Vertragspartner wichtige Fragen auf. Der Umgang mit den Folgen einer solchen Warnung wurde nun vom Landgericht München I juristisch beleuchtet.
Das Landgericht München I hat in einem Urteil vom 13. Dezember 2023 (AZ: 29 O 1152/23) klargestellt, dass eine Warnung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor dem Einsatz einer Virenschutzsoftware allein keinen Mangel des Programms darstellt. Aus diesem Grund können die Lizenzgebühren nicht zurückgefordert werden, erklärt das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.
Kunden sprangen reihenweise ab
Ein deutsches IT-Unternehmen schloss im Jahr 2022 mit einem Distributor Verträge über die Überlassung und Pflege von Virenschutzsoftware. Das Unternehmen bezahlte die Kosten im Voraus, um die Software an Endkunden weiterzuverkaufen.
Im März 2024 veröffentlichte das BSI jedoch eine Warnung vor der Nutzung dieser Software, da aufgrund des Ukraine-Konflikts Zweifel an der Zuverlässigkeit der Software und möglichen Manipulationen durch russische staatliche Stellen aufkamen.
Die Empfehlung des BSI lautete, Kaspersky-Produkte durch alternative Anbieter zu ersetzen. Dies führte dazu, dass Endkunden der Klägerin die Software nicht mehr nutzten und ihre Verträge kündigten. Die Klägerin verlangte daraufhin die Rückzahlung des im Voraus gezahlten Entgelts, da die Nutzungsmöglichkeit durch die Warnung und die zusätzlichen EU-Sanktionen erheblich beeinträchtigt worden sei.
Gericht: Warnhinweis allein kein Mangel
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Warnung des BSI keinen Mangel im eigentlichen Sinne darstellt. Der Grund: Die Warnung beziehe sich nicht auf einen technischen Mangel der Software, sondern auf ein allgemeines Risiko im Zusammenhang mit der geopolitischen Lage.
Der in der Warnung des BSI empfohlene Verzicht stelle daher keine unmittelbare Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit dar. Zudem seien die in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Sanktionen nicht unmittelbar auf den Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten anwendbar.
Wegfall der Geschäftsgrundlage und Vertragsanpassung
Trotz der Feststellung, dass kein Mangel vorlag, erkannte das LG München I die gravierenden Auswirkungen der EU-Sanktionen an. Diese verhinderten den geplanten Weiterverkauf der Software an Endkunden und führten zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Dies führt jedoch nicht zu einer Kündigungsmöglichkeit, sondern zu einer Vertragsanpassung: Die Mietzahlungen werden halbiert und die Klägerin hat Anspruch auf anteilige Rückerstattung.
Das Urteil gibt Unternehmen und Rechtsabteilungen klare Hinweise für den Umgang mit behördlichen Abmahnungen. Es zeigt, dass nicht jede behördliche Maßnahme sofort Mängelansprüche rechtfertigt, sondern die tatsächlichen Auswirkungen und die Beschaffenheit der Software zu prüfen sind.
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- red/dav