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Bewilligtes Schuldgeld darf nicht zurück­verlangt werden

(red/dpa). Behinderte Kinder haben umfassende Ansprüche auf Unterstützung. Sozial­hil­fe­träger müssen viele der zusätz­lichen Kosten übernehmen. Dazu kann auch das Schulgeld für den Besuch einer heilpäd­ago­gischen Schule gehören. Kann dies aber „unter Vorbehalt“ gezahlt oder gar zurück­verlangt werden?

Nein – der Betroffene darf sich grundsätzlich auf einen Bewilli­gungs­be­scheid verlassen. Daher kann der Sozial­ver­si­che­rungs­träger nichts von dem gezahlten Geld zurück­ver­langen, auch nicht von der Schule. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Oldenburg hervor, über wie die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert. 

Antrag auf Schulgeld für behindertes Kind

Zum Hintergrund: Im Jahr 2008 stellten die Eltern eines mehrfach behinderten sechsjährigen Kindes bei dem zuständigen nordrhein-westfä­lischen Sozial­hil­fe­träger einen Antrag auf Kosten­übernahme für den Besuch einer heilpäd­ago­gischen Schule im Landkreis Osnabrück (Nieder­sachsen). Die Familie selbst lebt im Landkreis Gütersloh (NRW).

Der Sozial­hil­fe­träger lehnte den Antrag mit der Begründung ab, das Kind könne in Gütersloh deutlich kosten­günstiger zur Schule gehen. Die Eltern zogen vor Gericht und bekamen im einstweiligen Anordnungs­ver­fahren (Eilver­fahren) vor dem Sozial­gericht in erster Instanz zunächst Recht. Daraufhin erklärte sich der Sozial­hil­fe­träger bereit, bis zur weiteren Klärung des Rechts­streits die Kosten für den Besuch der nieder­säch­sischen Schule zu übernehmen, behielt sich aber eine Rückfor­derung vor.

In zweiter Instanz hob das Landes­so­zi­al­gericht die einstweilige Anordnung des Sozial­ge­richts auf. Im Hauptsa­che­ver­fahren wies das Sozial­gericht die Klage des Kindes – vertreten durch seine Eltern – schließlich ab. Es hätte keinen Anspruch auf Zahlung des Schulgeldes gehabt. Bis dahin waren aber bereits rund 35.000 Euro Schulgeld geflossen. Das forderte der Sozial­hil­fe­träger von der Schule zurück.

Kein Anspruch auf Rückzahlung des Schulgeldes

Das Landgericht Osnabrück hatte die entspre­chende Klage abgewiesen und entschieden, dass der Sozial­hil­fe­träger – wenn überhaupt – nur vom Kind beziehungsweise dessen Eltern Ersatz verlangen könne. Auch beim Oberlan­des­gericht Oldenburg hatte der Sozial­hil­fe­träger keinen Erfolg. Denn das Schuldgeld sei dem Kind bewilligt worden, nicht der Schule. Deshalb sei die Schule nicht zur Rückzahlung verpflichtet.

Würde der Sozial­hil­fe­träger von dem Kind die Rückzahlung verlangen, könne es sich möglicherweise darauf berufen, auf die Bewilligung vertraut zu haben. Diese Möglichkeit hätte das Kind aber nicht, wenn der Sozial­hil­fe­träger zunächst die Schule auf Ersatz in Anspruch nähme. Dann könnte anschließend die Schule vom Kind die Bezahlung der tatsächlich erbrachten Dienste verlangen.

Damit würden jedoch die sozial­recht­lichen Schutz­vor­schriften des Kindes in die Leere laufen. Der Schutz könne nicht dadurch umgangen werden, dass der Sozial­hil­fe­träger sich zunächst an die Schule wende.

Oberlan­des­gericht Oldenburg am 16. Juli 2015 (AZ: 14 U 22/15) 

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Rechts­gebiete
Sozial­hil­ferecht Sozialrecht

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