Auch wenn eine berufsvorbereitende Maßnahme Inhalte zur Verbesserung der Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenz vermittelt, zählt diese Maßnahme nicht zur allgemeinen Schulausbildung. Daher begründet sie auch keine höhere Unterhaltspflicht. Befindet sich ein volljähriges und bei einem Elternteil lebendes Kind in solch einer Maßnahme, so ist das andere Elternteil nicht zu höheren Unterhaltszahlungen verpflichtet. Dies trifft vor allem dann zu, wenn das unterhaltspflichtige Elternteil lediglich einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht und entsprechend wenig verdient. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Keine höheren Unterhaltszahlungen
Die 20-jährige Tochter wohnt bei ihrem Vater. Vater und Tochter beziehen Hartz IV-Leistungen. Die junge Frau befindet sich in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Ihr Ziel ist es, durch die Verbesserung ihrer Lese-, Rechtschreib- und Lernschwäche den Hauptschulabschluss nachzuholen und anschließend eine berufliche Ausbildung aufzunehmen. Ihre Mutter geht einer geringfügigen Beschäftigung nach und erhält ebenfalls ergänzend Leistungen nach dem SGB II.
Die Tochter stellte einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe. Sie wollte höhere Unterhaltszahlungen der Mutter gerichtlich durchsetzen. Sie begründete das damit, dass sie sich aufgrund der Qualifizierungsmaßnahme noch in der Schulausbildung befinde. Die Mutter habe daher eine erhöhte Erwerbspflicht, das heißt, sie müsse mehr arbeiten, um so die höheren Zahlungen leisten zu können. Der Vater wiederum kam nach Ansicht der Tochter bereits durch das Zusammenleben mit ihr und einer dadurch zwangsläufig anfallenden Versorgung seiner Unterhaltspflicht nach.
Berufsvorbereitende Maßnahme zählt nicht zur Vorbereitung eines Schulabschlusses
Ohne Erfolg. Aus der Tatsache, dass Tochter an einer berufsvorbereitenden Maßnahme teilnehme, lasse sich keine Sonderstellung ableiten, so das Gericht. Eine solche Sonderstellung, nämlich die Gleichstellung mit einem minderjährigen unverheirateten Kind, liege nur dann vor, wenn das Kind im Haushalt eines Elternteils lebe und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinde.
Letzteres sei hier nicht der Fall. Daher bestehe keine Pflicht zu höheren Unterhaltszahlungen. Die Qualifizierungsmaßnahme diene lediglich der allgemeinen Verbesserung bereits vorhandener Fähigkeiten und einem qualifizierten Abschluss am Ende der Maßnahme. Durch die Eingliederung der Qualifizierung in einen praktischen und in einen Berufsschulteil zähle die Maßnahme nicht als allgemeine, sondern als berufsbezogene Ausbildung. Anderenfalls wäre auch der Vater entsprechend seiner Einkommensverhältnisse am Unterhaltsbedarf der Tochter beteiligt. Dieser Unterhaltsbedarf sei nicht mit der allgemeinen Versorgung der Tochter durch die Bedarfsgemeinschaft zu verrechnen.
Oberlandesgericht Hamm am 03. Dezember 2014 (AZ 2 WF 144/14)
Quelle: www.dav-familienrecht.de
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