Entsteht einem Auftraggeber ein Schaden, weil der Spam-Ordner nicht kontrolliert wurde, hat er Anspruch auf Schadensersatz. In einem Fall vor dem Landgericht Bonn traf es einen Anwalt, der in seinem Kanzleibriefkopf eine E-Mail-Adresse angegeben hatte. Er hatte seinen Spam-Filter nicht kontrolliert, wodurch seinem Mandanten ein Schaden von rund 90.000 Euro entstanden war. Diesen musste er ersetzen. Denn: Wer eine E-Mailadresse angibt, muss den Empfang der Mails sicherstellen.
Geschäftliche E-Mail-Ordner müssen kontrolliert werden
Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft IT-Recht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist aber nicht nur der Empfänger grundsätzlich in der Pflicht. Auch der Absender darf sich wegen der bekannten Unzuverlässigkeit der E-Mail-Kommunikation nicht allein auf eine technische Zugangsbestätigung verlassen. Gerade bei Fristsetzungen sollte der Eingang telefonisch kontrolliert werden. Diese Grundsätze beziehen sich nicht allein auf Kanzleien. Denkbar sind auch Schäden bei anderen geschäftlichen Beziehungen, etwa weil eine Ausschreibungsfrist für einen Betrieb übersehen wurde oder ein befristetes günstigeres Angebot nicht angenommen werden konnte. Auch hier kann Schadensersatz drohen.
Frist für einen Vergleich versäumt
Ein Anwalt hatte seinen Mandanten nicht rechtzeitig über eine Frist zu Annahme eines Vergleichs informiert, den die Gegenseite unterbreitet hatte. Der Jurist hatte sich damit verteidigt, dass die fragliche Mail von seinem Spam-Filter irrtümlich als Werbung aussortiert worden und in seinem Spam-Ordner gelandet war. Er sei erst am 26. Mai 2011 durch ein Telefonat mit der Gegenseite auf die Mail aufmerksam gemacht worden. Die Mail mit einem Vergleichsangebot war am 23. Mai 2011 versendet worden. Demnach hätte der Mandant des Anwalts bis zum 31. Mai 2011 die Summe von 190.000 Euro zahlen müssen. Dann hätte die Gegenseite auf weitere Forderungen verzichtet. Da der Mandant nicht rechtzeitig informiert worden war, musste er rund 90.000 Euro mehr zahlen. Die Summe verlangte er vom Anwalt und klagte.
Gericht: Spam-Filter täglich kontrollieren
Mit Erfolg. Das Gericht sah den beklagten Anwalt in der Pflicht. Da er in seinem Briefkopf die E-Mail-Adresse angegeben habe, sei es seine Pflicht gewesen, den Mail-Eingang – und zwar auch im Spam-Ordner – täglich zu prüfen. Dazu führt das Gericht aus: „Es liegt im Verantwortungsbereich des Beklagten, wenn er eine E-Mail-Adresse zum Empfang von E-Mails zur Verfügung stellt, dass ihn die zugesandten E-Mails erreichen.“ Wer eine geschäftliche E-Mail-Adresse habe, müsse gerade bei aktiviertem Spam-Filter seinen Spam-Ordner täglich durchsehen.
Pflichten des Absenders
Nach Ansicht der IT-Rechtsanwälte des DAV weist der vom Bonner Gericht entschiedene Fall einige Besonderheiten auf. Hier sei der beklagte Anwalt auch per Telefon auf die Mail aufmerksam gemacht worden. Dies hätte ihn dazu veranlassen müssen, seinen Spam-Ordner zu prüfen, um dann seinen Mandanten informieren zu können. Zwar ist der Empfänger grundsätzlich verpflichtet, E-Mail-Kommunikation wahrzunehmen – unter Beachtung der IT-Sicherheit. Allerdings sei auch der Absender verpflichtet, wegen der bekannten Unzuverlässigkeit der Mail-Kommunikation ausreichend dafür zu sorgen, dass der Empfänger rechtzeitig Kenntnis von der Mail erlangen könne. Gerade in Fällen wie einer Fristsetzung müsse man zusätzlich telefonieren oder in der Mail eine Zugangsbestätigung anfordern, und zwar nicht nur die technische Zustell- /Lesebestätigung. Unterbleibe diese, müsse man nachfassen.
Diese Grundsätze gelten nicht nur für Rechtsanwältinnen und -anwälte, sondern auch für andere Geschäftsbeziehungen. Eine einfache E-Mail-Adresse ist bekanntermaßen gerade wegen der erforderlichen technischen Filtermaßnahmen keine zuverlässige Kommunikation. Anders verhält es sich bei DE-Mail mit Zustellnachweis.
Empfänger müssen aber im Zweifel ihren geschäftlichen Mailverkehr auch während des Urlaubs oder längerer Termine überwachen lassen.
Landgericht Bonn am 10. Januar 2014 (AZ: 15 O 189/13)
Quelle: www.davit.de
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