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Bei Abschlepp­vor­gängen sind beide gleich verant­wortlich

(Red/dpa). Es ist ein reiner Freund­schafts- oder Gefällig­keits­dienst: Jemand bleibt mit seinem Fahrzeug liegen und man bietet an, ihn mit seinem mitgeführten Abschleppseil oder der Abschlepp­stange abzuschleppen.

Das Landgericht München II musste sich mit der Frage beschäftigen, wie es sich eigentlich verhält, wenn das Abschleppseil reißt und das Abschlepp­fahrzeug beschädigt wird. Die Richter stellten fest, dass beide Fahrer zu gleichen Teilen verant­wortlich sind für den Abschlepp­vorgang. Keiner von beiden kann sich darauf berufen, dass der andere nachlässig gehandelt habe. Auch der Fahrer eines abgeschleppten Fahrzeugs hafte zur Hälfte für Schäden beim Abschleppen mit, wenn das Abschleppseil durch den Abschlep­penden unsachgemäß montiert worden sei.

Freund­schafts­dienst: Mann wollte Bekannte abschleppen

In dem von der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitgeteilten Fall hat ein Bekannter der Fahrerin eines liegen­ge­bliebenen Fahrzeugs angeboten, ihren Wagen abzuschleppen. Zunächst versuchte die Frau selbst, die hierfür erforderliche Öse des Abschleppseils an ihrem Wagen einzuschrauben. Als ihr das nicht gelang, legte der Abschleppende selbst Hand an. Er schaffte es aber auch nicht, die Öse weit genug herein­zu­drehen, da das Gewinde bereits eingerostet war. Beim Anfahren riss die Abschleppöse aus dem hinteren Fahrzeug heraus. Sie schnellte nach vorne und beschädigte das abschleppende Fahrzeug. Es konnte nicht erklärt werden, ob eventuell das vordere Fahrzeug ruckartig anfuhr oder das hintere bremste. 

Korrektur der ersten Instanz

Die erste Instanz sah die überwiegende Haftung für den Schaden am vorderen Fahrzeug bei dessen Fahrer. Dieser habe beim Einschrauben letzte Hand angelegt und hätte sich überzeugen müssen, der Wagen so sicher abschleppen zu können. Dessen Fahrerin hafte wegen der Betriebs­gefahr zu 20 Prozent. Sie hätte den Schaden verhindern können, wenn sie die Betriebs­an­leitung beachtet hätte. 

Berufung erfolgreich

Das Berufungs­gericht, hier das Landgericht in München, wertete die Haftungs­anteile beider Fahrer jedoch gleich. Die fehlerhaft eingeschraubte Öse durch den Abschlep­penden wiege gleich schwer wie die Tatsache, dass die Fahrerin des abgeschleppten Wagens die Betriebs­an­leitung nicht beachtet habe. Sie hätte sich auch selbst vergewissern müssen, dass die Abschleppöse richtig eingeschraubt gewesen sei.

Fazit

Bei Abschlepp­vor­gängen sollten beide beteiligten Fahrer die Bedienungs­an­leitung lesen und sich ferner vergewissern, dass die Abschlepp­ein­rich­tungen richtig befestigt sind. Dies sollte auch dann geschehen, wenn nur einer der Beteiligten die Vorberei­tungen zum Abschleppen trifft.

Landgericht München II am 17. September 2013 (AZ: 8 S 1561/13)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

Rechts­gebiete
Haftungsrecht (freie Berufe) Verkehrsrecht

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