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Babyklappen-Geschäfts­führerin kein geeigneter Vormund für anonym abgegebenen Säugling

(red/dpa). Wird ein Baby anonym in einer Babyklappe abgegeben, besteht häufig rascher Handlungs­bedarf, um die Gesundheit des Findelkinds zu gewähr­leisten. Die zügige Bestellung eines Vormunds ist dann wichtig. Darf auch der Geschäfts­führer einer Babyklappe als Vormund fungieren?

Nicht dauerhaft, entschied das Hansea­tische Oberlan­des­gericht Hamburg. Hier komme es zu einem Interes­sen­konflikt, erläutert die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). 

Anonym abgegebenes Neugeborenes

Das neugeborene Mädchen wurde am 13. November 2013 in einer Babyklappe abgegeben. Bei dem Säugling lag ein Zettel: „Meine mama bekommt Subotex (Subutex ist ein starkes Schmerz­mittel und Opioid, d. Red.) deswegen brauche ich es auch. Gibt mir ne gute Familie! Habe hunger und bin Liebes­be­dürftig!"

Die Geschäfts­führerin der GmbH, die die Babyklappe betreibt, wurde fünf Tage später zum Vormund bestellt. Den Antrag hatte die GmbH beim Famili­en­gericht gestellt. Kurze Zeit später hob das Gericht im Hauptsa­che­ver­fahren den Beschluss wieder auf und bestellte einen anderen Vormund, der die Vormund­schaft berufsmäßig ausübt. Am ersten Weihnachtstag 2013 wurde das kleine Mädchen aus dem Krankenhaus entlassen und lebt seitdem bei seiner Bereit­schafts­pfle­ge­mutter.

Beschwerde des abgesetzten Vormunds

Gegen die Bestellung eines anderen Vormunds legte die Geschäfts­führerin der Babyklappe Beschwerde ein.

Geschäfts­führerin als Vormund ungeeignet

Ohne Erfolg. Der nun bestellte Vormund sei deutlich besser geeignet als sie. Ihre Bestellung als Vormund sei durch einstweilige Anordnung erfolgt und damit eine vorläufige Bestellung gewesen. Sie habe die schnellst­mögliche medizi­nische Versorgung des Neugeborenen sicher­stellen sollen. So habe man vor der einstweiligen Anordnung auch nicht das Jugendamt angehört. Auch das belege, dass die Auswahl des Vormunds noch gar nicht abgeschlossen gewesen sei. Das Gesetz sehe nämlich vor, dass der Vormund erst nach Anhörung des Jugendamtes auszuwählen sei. In der später eingereichten Stellungnahme und in einer Sitzung des Famili­en­ge­richts habe das Jugendamt denn auch Bedenken gegen die Einsetzung der Beschwer­de­führerin als Vormund geäußert.

Interes­sen­konflikt zwischen Geschäfts­führerin und abgegebenen Säugling

Die Geschäfts­führerin sei als Vormund nicht geeignet, weil zwischen ihr und dem abgegebenen Säugling ein Interes­sen­konflikt bestehe. Die Mutter des Findel­kindes möchte anonym bleiben, das Kind dagegen habe ein berech­tigtes Interesse daran, zu erfahren, wer seine Mutter ist. Hier gehe es um das Recht auf Kenntnis der eigenen Biografie, aber auch um Unterhalts­an­sprüche und mögliche Erberwar­tungen. Die Babyklappe sei jedoch der Mutter verpflichtet – ihr sichere sie Anonymität zu – und damit nicht neutral.

Die Richter verwiesen auf den Deutschen Ethikrat. Dieser verlange in seiner Stellungnahme zum Problem der anonymen Kindes­abgabe, „dass ein neutraler, von der Einrichtung, bei der die anonyme Kindes­abgabe stattge­funden hat, unabhängiger Vormund für das Kind bestellt wird“.

Hansea­tisches Oberlan­des­gericht Hamburg am 03. März 2014 (AZ: 7 UF 150/13)

Quelle: www.famili­en­an­waelte-dav.de

Rechts­gebiete
Ehe- und Famili­enrecht Elterliche Sorge

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