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Auslän­disches Testament vs. deutsches Recht

(dpa/red). Europa und die Welt wachsen zusammen, zumindest wechseln immer mehr Menschen landes­grenz­über­greifend ihren Aufenthalt. Jedes Land aber hat seine eigene Rechts­ordnung. Dies gilt auch für das Erbrecht und die Erstellung von Testamenten. Kann nun ein Deutscher sein Testament im Ausland erstellen, und wie werden auslän­dische Testamente sodann in Deutschland behandelt?

Immer mehr Deutsche leben zum Beispiel während ihres Berufs­lebens für mehrere Jahre im Ausland. Sie gründen dort Firmen, kaufen Grundstücke, bilden Vermögen und identi­fi­zieren sich mit der dortigen Rechtslage, ohne aber die dortige Staats­an­ge­hö­rigkeit anzunehmen. Entsprechend verfassen sie dort Testamente – nach den dortigen Gesetzen. Wenn die späteren Erblasser wieder nach Deutschland zurück­ziehen, bleiben die im Ausland abgefassten Testamente oft bestehen. Hat der Erblasser in seinem auslän­dischen Testament die dortige Sprache benutzt, sind die verwendeten Begriffe zumeist aber nicht eins zu eins ins deutsche Recht zu übertragen. Über eine entspre­chende Entscheidung des Schleswig-Holstei­nischen Oberlan­des­ge­richts (OLG) informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV): 

Der Fall

Der Erblasser hatte die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit. Er lebte geraume Zeit in England und errichtete dort ein maschi­nen­schrift­liches Testament, welches er im Beisein von zwei Bankan­ge­stellten aufschrieb und von diesen als Zeugen unterschreiben ließ. In diesem Testament setzte er unter anderem seine Ehefrau als „Trustee“ ein und ein eheliches und zwei nichteheliche Kinder der Ehefrau als „benefi­ciaries“ eines Sonder­ver­mögens. Die weitere uneheliche Tochter des Erblassers wurde nicht bedacht. Diese meinte aber, das Testament sei so zu verstehen, dass die Ehefrau nach deutschem Recht nur Vorerbin und Dauer-Testaments­voll­stre­ckerin und nicht Alleinerbin sei und ihre Stiefge­schwister zusammen mit ihr als Nacherben und nicht ohne sie als Ersatzerben der Ehefrau eingesetzt wäre. 

Die „Ortsform“ ist unabhängig vom anzuwen­denden Recht wirksam

Das OLG stellte zunächst fest, dass das Testament zwar nicht der vom Gesetz in Deutschland – hier muss ein Testament handschriftlich geschrieben und eigenhändig unterschrieben werden –, wohl aber der englischen Form durchaus entspricht und somit wirksam war. Weil der Erblasser aber seine Staats­an­ge­hö­rigkeit nie änderte, zur Zeit seines Todes auch wieder seinen gewöhn­lichen Aufenthalt in Deutschland hatte und sein Testament keine Anordnung enthielt, ob deutsches oder englisches Recht anzuwenden sei, war der Erbfall nach deutschem Recht abzuwickeln. Problem: Das Testament war nicht nur in England errichtet worden, sondern nahm auch auf englische Rechts­in­stitute Bezug. 

Es kommt auf den Willen des Erblassers an

Zuweilen macht es erhebliche Schwie­rig­keiten, gerade englische Rechts­figuren in das deutsche Erbrecht zu übertragen. Das Schleswig-Holstei­nische OLG urteilte daher, dass der Erblas­serwille möglichst aufrecht­zu­er­halten sei, soweit er sich in die Begriffe des Bürger­lichen Gesetzbuchs (BGB) „übersetzen“ und – unter Umständen auch erst im Wege der Umdeutung – mit den erbrecht­lichen Vorstel­lungen des BGB in Überein­stimmung bringen ließe.

Anhand von außerhalb des Testaments liegenden Umständen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau als eingesetzte „trustee“ nach deutschem Recht die Stellung sowohl einer Dauer-Testaments­voll­stre­ckerin als auch einer Alleinerbin bekommen hatte. Die weiteren Kinder haben lediglich die Stellung von Ersatzerben beziehungsweise hinsichtlich des vom Erblasser verfügten Sonder­ver­mögens von Vermächt­nis­nehmern. Die uneheliche Tochter des Erblassers konnte somit nur Pflicht­teils­an­sprüche geltend machen. 

Fazit

Fremdsprachige Testamente, die den Formerfor­der­nissen eines fremden Staates entsprechen, können wirksam sein. Gleichwohl kann das auf den Erbfall anzuwendende Recht dem deutschen Recht unterliegen. Da der Sinn eines zum Beispiel englischen juristischen Fachbe­griffs nicht eins zu eins in das deutsche Recht übersetzt werden kann, muss ein deutscher Rechts­begriff gesucht werden, dessen Sinn dem am ehesten entspricht. Für den Erblasser lässt dies aber viele Unwägbar­keiten offen. Gerade bei grenzüber­schrei­tenden Sachver­halten ist qualifi­zierter Rechtsrat daher unabdingbar. Auch sollten letztwillige Verfügungen bei Veränderung der Lebens­be­din­gungen stets daraufhin überprüft werden, ob sie unverändert weiter Geltung haben sollen.

Schleswig-Holstei­nisches Oberlan­des­gericht am 9. Juli 2014 (AZ:3 Wx 15/14)

Quelle: www.dav-erbrecht.de 

Rechts­gebiete
Erbrecht Testaments­voll­streckung

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