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Auf Kosten des Arbeit­gebers Privatpost verschickt – Kündigung

(red/dpa). Private Post ist privat – das gilt auch für die Portokosten. Wer meint, Post auf Kosten seines Arbeit­gebers versenden zu können, riskiert seinen Arbeitsplatz.

Die Mitarbeiterin des Unternehmens war am Empfang tätig und unter anderem für die Abwicklung des Postverkehrs zuständig. So bereitete sie die Geschäftspost für den Versand vor und durfte hierfür auch Verträge mit den Zustell­diensten abschließen.

Im Jahr 2012 versandte sie zwölfmal private Päckchen auf Kosten ihres Arbeit­gebers nach Trieste in Italien. Dem Unternehmen entstanden Kosten von rund 170 Euro. Es kündigte der Mitarbeiterin fristlos. 

Emotionaler Ausnah­me­zustand keine Entschul­digung

Die Frau reichte eine Kündigungs­schutzklage ein. Sie argumen­tierte unter anderem, sie habe nie versucht, ihre privaten Paketsen­dungen zu verheim­lichen. Diese hätten medizi­nische Produkte enthalten, die ihr erkrankter Enkel benötigt habe. Sie habe sich damals in einer emotionalen Ausnah­me­si­tuation befunden. Die Produkte seien nach ihrem Kenntnisstand in Italien nicht erhältlich gewesen. Auch auf den Rechnungen seien diese Pakete gesondert ausgewiesen gewesen. Sie sei davon ausgegangen, dass ihrem Arbeitgeber ihre Vorgehensweise von Anfang an bekannt gewesen sei und er die privaten Paketsen­dungen dulde. 

Schwere Verletzung arbeits­ver­trag­licher Pflichten

Ihre Klage blieb jedoch in erster und zweiter Instanz erfolglos. Die Mitarbeiterin habe eine schwere Verletzung arbeits­ver­trag­licher Pflichten begangen. Umstände, die ihr Fehlver­halten rechtfertigen oder entschuldigen könnten, sah das Gericht nicht. Auch wenn die Frau verständ­li­cherweise möglichst schnell medizi­nische Produkte nach Italien schicken wollte, wäre sie verpflichtet gewesen, den Versand zunächst mit dem Arbeitgeber abzustimmen oder mindestens unverzüglich nach der ersten Versendung von sich aus an ihn heranzu­treten und die angefallenen Kosten zu begleichen.

Darüber hinaus seien die Rechnungen, die das Unternehmen erhalte, sehr umfassend. Die Mitarbeiterin habe daher nicht davon ausgehen können, dass eine dezidierte Kontrolle jeder Einzel­po­sition stattfinde und dabei ihre privaten Paketver­sen­dungs­aufträge auffallen würden. Es spreche vielmehr einiges dafür, dass sie darauf vertraut habe, ihre Handlungsweise bleibe unentdeckt. 

Abwägung: Vertrau­ens­verlust gegen soziale Gesichts­punkte

Nach Abwägung aller Umstände und der Interessen von Arbeitgeber und Arbeit­nehmerin war das Gericht der Meinung, dass die fristlose Kündigung gerecht­fertigt war. Zwar spräche zugunsten der Mitarbeiterin ihre lange Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit von 19 Jahren und ihr fortge­schrittenes Alter von 63 Jahren. Doch habe sie ihre Stellung im Postversand missbraucht und so das Vertrauen in ihre Redlichkeit und Zuverläs­sigkeit zerstört. Dieser Vertrau­ens­verlust wiege schwerer als die sozialen Gesichts­punkte Alter und Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit.

Landes­ar­beits­gericht Rheinland-Pfalz am 18. Dezember 2013 (AZ: 8 Sa 220/13 )

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht

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