Der Mieter betrieb in den angemieteten Gewerbemieträumen eine Autowerkstatt. In seinem Mietvertrag stand unter anderem: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Zustandekommen des Mietvertrages aufgeschoben bleibt, bis zur vollständigen Zahlung der vereinbarten Kaution.“ In dieser Zeit schulde der Mieter Nutzungsentschädigung in Höhe der Miete, und die Erstattung von Bewirtschaftungskosten. Da der Mieter die Kaution nicht vollständig gezahlt hatte, stoppte sein Vermieter die Belieferung mit Strom.
Die Klage des Mieters war erfolgreich. Das Kammergericht sah keine rechtliche Handhabe für den Stromstopp und verpflichtete den Vermieter, die Stromlieferung wieder aufzunehmen. Falls er sich weigere, drohe ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.
Ob die Regelung des Mietvertrags überhaupt wirksam sei, ließen die Richter dahingestellt. Keinesfalls aber könne diese so ausgelegt werden, dass die Pflichten des Vermieters bis zur vollständigen Zahlung der Kaution aufgeschoben seien. Der Mieter könne nur dann zur Zahlung von Nutzungsentschädigung und Erstattung von Bewirtschaftungskosten verpflichtet sein, wenn der Vermieter im Gegenzug dem Mieter das Mietobjekt in einem „zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand“ überlasse und sie auch in diesem Zustand erhalte. Dazu gehöre auch die Lieferung von Strom.
Stromversorgung ist nicht nachholbare Leistung
Der Vermieter hatte zwischenzeitlich das Mietverhältnis gekündigt und den Mieter außerdem auch auf Zustimmung zur Modernisierung verklagt. Ob er unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch Anspruch auf Zahlung der Kaution hatte, ließ das Gericht ebenfalls offen. Jedenfalls habe er kein Zurückbehaltungsrecht. Er dürfe nicht zur Durchsetzung seiner Ansprüche – die Zahlung der Kaution – die Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser zurückhalten, denn es handele sich dabei um eine so genannte nicht nachholbare Leistung. Das ist eine Leistung, die nicht zu einem späteren Zeitpunkt, etwa nach Ende de Konflikts zwischen Mieter und Vermieter, nachgeholt werden kann.
Strittig war zwischen Vermieter und Mieter auch die Frage, ob das Mietverhältnis inzwischen tatsächlich gekündigt sei. Das ändere jedoch nichts an der Verpflichtung des Vermieters, Strom zu liefern, so das Gericht. Auch nach Ende des Mietvertrages könne sich aus Treu und Glauben eine „nachvertragliche Verpflichtung“ zur Versorgung mit Wärme, Energie und Wasser ergeben. Hier ergebe sich diese aus den besonderen Belangen des Mieters, der in den Mieträumen eine Automobilwerkstatt betreibe. Strom sei für den Werkstattbetreiber unverzichtbar, er sei in seiner beruflichen Existenz bedroht, werde er von der Stromversorgung abgeschnitten.
Zwar würde eine solche über Vertragsende hinausgehende Versorgungsverpflichtung nur den Mieter-Interessen dienen. Doch sei sie gerechtfertigt, da sie den Interessen des Vermieters nicht so sehr zuwiderlaufe, dass sie unzumutbar sei. Durch die Aufrechterhaltung der Stromversorgung entstehe dem Vermieter kein – weiterer – Schaden. Der Mieter habe glaubhaft gemacht, dass er aktuell keinen Mietrückstand habe und weiterhin die Miete von fast 5.000 Euro monatlich sowie die Stromkosten zahle.
Das Berliner Kammergericht am 23. Oktober 2014 (AZ: 8 U 178/14)
- Datum