Wie weit geht die Aufklärungspflicht des Arztes gegenüber seinen Patienten? Das Oberlandesgericht Koblenz hat darüber entschieden, ob auch seltene, aber erhebliche Risiken eines operativen Eingriffs dazugehören, berichtet die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Zahn-OP mit Folgen
Bei einer Patientin setzte der Zahnarzt Implantate ein. In der Folge kam es zu einer dauerhaften Nervschädigung im Bereich der Implantate. Dies führte zu Sensibilitätsstörungen und Schmerzen insbesondere beim Kauen. Die Frau warf dem behandelnden Arzt vor, sie unzureichend über die Behandlungsrisiken und Behandlungsalternativen aufgeklärt zu haben.
Schmerzensgeld für Nervenschädigung
Die Richter bestätigten das Urteil der ersten Instanz, das die Frau im Recht sah und ihr unter anderem Schmerzensgeld zugesprochen hatte. Der Arzt habe nicht beweisen können, dass er die Patientin über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt habe. Die Ärztin, die das Aufklärungsgespräch mit der Frau führte, habe sich nach fünf Jahren an den konkreten Inhalt des Gesprächs nicht mehr erinnern können. Auch der schriftliche Aufklärungsbogen habe keine hinreichende Aufklärung geboten. Dort habe lediglich gestanden, die Behandlung berge das Risiko der „Nervschädigung“. Daraus, so das Gericht, erschließe sich dem Patienten aber nicht, dass die Nervschädigung zu einem bleibenden Schaden mit dauerhaften Sensibilitätsstörungen führen könne. Auch wenn ein solcher Dauerschaden ein seltenes Risiko sei, müsse der Arzt umfassend über die Folgen aufklären, weil die Komplikation die weitere Lebensführung der Patientin besonders nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen könne. Diese Aufklärungsversäumnisse des Arztes hätten dazu geführt, dass er für die Folgen des Eingriffs haften müsse.
Oberlandesgericht Koblenz am 6. Juli und 22. August 2012 (AZ: 5 U 496/12)
Quelle: www.dav-medizinrecht.de