Ein 15-jähriges geistig behindertes Kind war gegen bestimmte Nahrungsmittel allergisch. Am Heiligabend 2009 starb das Mädchen an einer allergischen Reaktion, vermutlich nachdem es nusshaltige Schokolade gegessen hatte. Die Mutter des Kindes, die eine private Unfallversicherung abgeschlossen hatte, bei der das Kind mitversichert war, forderte von der Versicherung 27.000 Euro. Dies war der Betrag, den die Versicherung für den Fall eines Unfalltodes den gesetzlichen Erben schuldete. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Sie war der Ansicht, dass die Todesursache nicht geklärt sei und im Übrigen auch kein Unfall vorliege.
Die Richter in zweiter Instanz gaben der Mutter Recht. Das versehentliche oder unbewusste Verzehren von Allergenen zusammen mit anderen Nahrungsstoffen stelle im Privatversicherungsrecht einen versicherten Unfall dar. Ein Unfall liege vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleide. Dieses von außen wirkende Ereignis sei hier der Kontakt nusshaltiger Schokolade mit der Mundschleimhaut des Mädchens gewesen. Da die gesundheitsschädigende Einwirkung der Allergene auf den Körper des Kindes unfreiwillig und plötzlich erfolgt sei, liege ein Unfallgeschehen vor.
Auch sahen die Richter in der zugrundeliegenden Allergie keine Krankheit, durch die sich die Leistungspflicht der privaten Unfallversicherung vermindere. Unter Krankheit im Sinne der Versicherungsklausel verstehe man einen regelwidrigen Körperzustand, der eine ärztliche Behandlung erfordere. Allein die allergische Reaktionsbereitschaft stelle jedoch keine Krankheit dar. Krankmachende Symptome würden erst bei Kontakt mit dem allergieauslösenden Stoff auftreten. Solange der Betroffene diesen meide, könne er also problemlos und uneingeschränkt ohne ärztliche Behandlung leben.
- Datum
- Aktualisiert am
- 23.09.2013