Wohnungen können nur in absoluten Ausnah­me­fällen für Flüchtlinge beschlagnahmt werden

Auf der Suche nach Schutz vor Krieg und Gewalt kommen derzeit viele Menschen nach Deutschland. Eine Unterkunft für sie zu finden bringt manche Städte und Gemeinden an die Grenzen ihrer Aufnah­me­fä­higkeit. In Hamburg sollen nun leerstehende Gewerbe­im­mo­bilien auch gegen den Willen der Eigentümer als Unterkunft genutzt werden können. Wohnungen zu beschlag­nahmen ist hingegen rechtlich sehr schwierig, informiert die Deutsche Anwalt­auskunft.

„Länder, Gemeinden oder Kommunen können Wohnungen nur dann beschlag­nahmen, wenn eine Rechts­grundlage dafür vorliegt“, sagt Rechts­anwalt Swen Walentowski von der Deutschen Anwalt­auskunft. Eine Beschlagnahme greife schließlich stark in das grundge­setzlich geschützte Eigentumsrecht ein.

Eine Rechts­grundlage dafür bieten, wenn überhaupt, bislang in erster Linie die Landes­po­li­zei­gesetze. Sie erlauben es, eine Immobilie zu beschlag­nahmen, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Menschen obdachlos würden. Droht Obdach­lo­sigkeit, können Menschen per sogenannter Obdach­lo­sen­ein­weisung in Wohnungen eingewiesen werden, in der Regel  jedoch nur für maximal sechs Monate.

Dies erklärt, warum es rechtlich gesehen äußerst schwierig ist, einen Mieter aus seiner Wohnung zu drängen, um einen Flüchtling unterzu­bringen. Denn mit dem Gesetz soll Obdach­lo­sigkeit vermieden werden. Wenn zwar ein Schutz­su­chender unterge­bracht, aber dafür ein anderer Mieter wohnungslos wird, hat sich an der Gesamt­si­tuation letztlich nichts geändert. Einem Mieter zu kündigen, damit ein anderer Mieter einziehen kann, ist nicht erlaubt.

Zum Zusammenleben mit Flücht­lingen gezwungen zu werden, kennen ältere Menschen aus der Nachkriegszeit. So etwas werde heute aber nicht passieren, beschwichtigt der Mietrechts­experte. Die Obdach­lo­sigkeit hatte damals eine ganz andere Dimension. Mit der aktuellen Situation in Deutschland ist das nicht vergleichbar.

Beschlagnahmt werden kann, wenn überhaupt, nur leer stehender Wohnraum. Aber auch dann müsste zunächst geprüft werden, warum die Wohnung leer steht. Eine vermietete Wohnung zur Unterbringung von Flücht­lingen zu kündigen könnte allenfalls ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn beispielsweise in einem Zehnfa­mi­li­enhaus nur noch eine Wohnung vermietet ist, die restlichen neun Wohnungen aber leer stehen. Wäre die eine Wohnung auch nicht vermietet, könnte man in dem ganzen Haus zehn Familien unterbringen. Es könnte dann ausnahmsweise möglich sein, dass der einen Mietpartei der Mietvertrag gekündigt und eine andere Wohnung angeboten wird. Das ist jedoch nur in städtischen Mietwoh­nungen denkbar.

Mehr dazu im Podcast der Deutschen Anwalt­auskunft mit Rechts­anwalt Swen Walentowski.

Zurück