
Lebenslanges Wohnrecht – das müssen Sie wissen
Grundsätzlich kann das Wohnrecht auf Lebenszeit in einem schuldrechtlichen Vertrag, zum Beispiel in einem Mietvertrag, vereinbart werden. Allerdings empfiehlt sich ein Eintrag in das Grundbuch, da damit das Wohnrecht auf Lebenszeit auch für künftige Übertragungen der Immobilie abgesichert wird. Als Begünstigter wird Ihnen das Recht eingeräumt eine Immobilie oder ein Grundstück auf eine bestimmte Art zu nutzen. Streng juristisch ausgedrückt: Das Wohnrecht ist eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit.
Nehmen wir an, Sie haben Ihre Immobilie verkauft, sich aber mit dem Käufer auf ein lebenslanges Wohnrecht geeinigt. Im Grunde bedeutet das: Bis zu Ihrem Lebensende dürfen Sie darin wohnen. Ob Sie das ganze Haus bewohnen oder nur Teile davon, hängt ganz von der getroffenen Abmachung ab. Sie müssen keine Miete zahlen, sind aber verpflichtet, die anfallenden Nebenkosten zu tragen oder sich daran zu beteiligen.
Rechtsanwalt Bruno Schwarz, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV): „Allerdings muss der Wohnberechtigte für eventuelle Reparaturen aufkommen. Dem Immobilieneigentümer obliegen dagegen Sanierungsmaßnahmen und größere Reparaturen, beispielsweise ein defektes Dach. Geht es allerdings nur um kosmetische Sanierungen wie z.B. einen Anstrich der Fassade, ist der Eigentümer nicht zur Durchführung verpflichtet. Möchte der Wohnberechtigte eine solche Maßnahme gleichwohl umsetzen, muss er den Eigentümer vorab um Zustimmung bitten. Gleiches gilt auch, wenn Sie zum Beispiel einen Baum im Garten fällen oder ein Zimmer vermieten wollen.“
Der entscheidende Punkt ist: Sie besitzen als Berechtigter eines Wohnrechts keine Rechte mehr an der Immobilie und dem dazugehörigen Grundstück.
Nicht ohne Vertrag und Grundbucheintrag
Alle wichtigen Punkte der Nutzung sowie Ihre Rechte und Pflichten halten beide Parteien in einem Vertrag fest. Zudem sollten Sie das Wohnrecht auf Lebenszeit von einem Notar im Grundbuch eintragen lassen. Nur so bleibt es beim Weiterverkauf der Immobilie unangetastet. Die vertragliche Vereinbarung sollte darüber hinaus den Wert des Wohnrechts benennen.
Da die allermeisten Personen mit einem Wohnrecht auf Lebenszeit keine Miete bezahlen, um in der Immobilie wohnen zu dürfen, kann das Wohnrecht einem Geldwert oder einer Vermögensübertragung gleichgesetzt werden. Außerdem kann es eventuell als Schenkung oder Erbschaft behandelt werden. In diesen Fällen wird das Wohnrecht besteuert.
Der Wert des Wohnrechts muss in jedem Fall individuell berechnet werden. Er errechnet sich aus der Jahreskaltmiete multipliziert mit dem Kapitalwert. Dieser Wert ist in einer Liste des Finanzministeriums zu finden und spiegelt die restliche zu erwartende Wohndauer sowie das Geschlecht und Alter des Berechtigten, der Immobilienwert und der Kapitalzinssatz eine Rolle.
Die Berechnung des Wertes des Wohnrechts wird vom Finanzamt vorgenommen und Sie müssen dies nicht selbst tun. Der Barwert, also der Wert für das lebenslange Wohnrecht, wird dann vom Immobilienwert abgezogen, woraus sich der Auszahlungsbetrag errechnet.
Wohnrecht und Wohnungsrecht – auf dieses juristische Detail kommt´s an
Der Begriff Wohnrecht wird häufig sinngleich mit Wohnungsrecht verwendet. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied. Beim Wohnrecht kann der neue Eigentümer die Immobilie theoretisch mitbewohnen oder Teile davon mitnutzen. Es liegt also ein Mitnutzungsrecht vor. Beim Wohnungsrecht wird der Besitzer aus jeder persönlichen Nutzung der Immobilie ausgeschlossen.
Daher ist es entscheidend, den Inhalt eines Vertrages genau prüfen zu lassen. Hier empfiehlt es sich, eine Anwältin oder einen Anwalt mit Spezialisierung für Vertrags-, Immobilien- oder Wohnungseigentumsrecht zu konsultieren.
Nießbrauch – Wohnrecht mit finanziellem Bonus
Eine andere Alternative bildet das Nießbrauchsrecht. Das Nießbrauchsrecht ist grob gesagt ein erweitertes Wohnrecht. Sie besitzen fast alle Rechte wie der Eigentümer und können Nutzen aus der Immobilie oder dem Grundstück ziehen.
So können Sie zum Beispiel Teile der Wohnung vermieten oder Teile des Grundstücks verpachten. Sie benötigen dafür keinerlei Zustimmung des Eigentümers. Was Sie als Rechteinhaber allerdings nicht dürfen, ist die Immobilie weiterverkaufen. Der Nießbrauch muss bei einem Notar beurkundet werden.
Übertragen: nein. Aufheben: ja.
Unter Ihrem Wohnrecht können Familienangehörige aufgenommen werden. Sollte es notwendig sein, gilt das Gleiche auch für Pflegekräfte. Da das Wohnrecht aber nicht vererbbar ist, endet es für alle Beteiligten mit dem Tod des Rechteinhabers. Sofern vertraglich nichts Anderes vereinbart wurde, können Familienmitglieder oder Pflegekräfte das Haus nicht länger bewohnen. Das Wohnrecht auf Lebenszeit erlischt mit dem Tod des Berechtigten. Was aber nicht heißt, dass es nicht vorzeitig beendet werden kann. Der Eigentümer kann den Versuch unternehmen, den Rechteinhaber rauszukaufen und mit der entsprechenden Summe zum Auszug zu bewegen.
Rechtsanwalt B. Schwarz: „Ist das Wohnrecht auf Lebenszeit grundbuchlich abgesichert und zieht der Berechtigte aus, zum Beispiel in ein Pflegeheim, bleibt sein Wohnrecht grundsätzlich weiterbestehen. Der Wohnberechtigte kann dann jederzeit in die Immobilie zurückkehren. Denn die persönliche Entscheidung, aus der Wohnung auszuziehen, ist kein Grund für ein Erlöschen des Wohnrechts. Das wäre nur möglich, wenn der Berechtigte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen sein Wohnrecht dauerhaft nicht nutzen könnte.“
Gegebenenfalls bestünde die Möglichkeit, das Wohnrecht einem anderen zu überlassen. „Dieser Überlassung muss der Eigentümer der Immobilie zustimmen“, betont Rechtsanwalt Schwarz.
Der Rechteinhaber hat seinerseits immer die Option, selbst vom Wohnrecht zurückzutreten. Allerdings könnte das unter Umständen ungünstig für den Eigentümer ausfallen. Ein Verzicht kann als Schenkung ausgelegt werden und Steuerzahlungen mit sich bringen. Steht dieser Gedanke im Raum, sollte unbedingt ein Anwalt für Steuerrecht konsultiert werden, der die Steuerlast unter den gegebenen Umständen einschätzen kann und berät, was das beste Vorgehen wäre. Eine weitere Option ist zudem, direkt im Vorfeld ein befristetes Wohnrecht aufzusetzen.
Sonderfall: Aufhebung durch Zerstörung
Die Zerstörung der Immobilie. Auch in diesem Fall erlischt das Wohnrecht. Eigentlich. Denn sollte das kaputte Gebäude neu gebaut werden, hätte der obdachlose Rechteinhaber immerhin die Möglichkeit, auf die Fortführung des vereinbarten Wohnrechts zu bestehen. Allerdings sollten hier im Vorfeld unbedingt Anwälte mit einer Spezialisierung auf Wohnrecht kontaktiert werden, um die Erfolgschancen eines solchen Vorgehens genauer zu prüfen.
Auf die Details kommt es an
Unabhängig davon, ob Sie über einen Hausverkauf nachdenken oder eventuell davorstehen, eine Immobilie mit eingetragenem Wohnrecht zu kaufen – juristisch gibt es vieles zu beachten. Ein lebenslanges Wohnrecht kommt immer mit Rechten und Pflichten, die in einem beglaubigten Vertrag genau definiert werden müssen. Auch muss die Berechnung des Wohnrechts sorgsam geprüft werden. Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von anwaltauskunft.de beraten Sie gerne zu diesen Themen. Nutzen Sie die Suchfunktion, um fachkundige Unterstützung im ganzen Bundesgebiet zu finden.
- Datum
- Aktualisiert am
- 30.01.2023
- Autor
- red/dav