Wohnungs­mangel

Überbe­legung: Familie darf nicht in Ein-Zimmer-Wohnung leben

Mit zwei Kindern kann es in einer Einzimmerwohnung recht eng werden. Die Wohnungsknappheit zwingt aber viele Familien dazu, in beengten Verhältnissen zu wohnen. © Quelle: Hendrickson/gettyimages.de

In Großstädten wie München ist bezahlbarer Wohnraum für Familien kaum zu haben. Eine vierköpfige Familie darf aber nach Auffassung des Amtsge­richtes trotzdem nicht in einer Ein-Zimmer-Wohnung leben. Dies gelte als Überbe­legung. Der Mieter­verein hält das Urteil für fragwürdig.

Wie viel Platz braucht eine Person zum Leben, wie viel eine Familie? Welche Raum man braucht, um sich wohlzu­fühlen, ist eine indivi­duelle Entscheidung. Wie viel man mieten darf oder muss, kann man allerdings nicht frei entscheiden. So entscheid das Amtsgericht München, dass eine vierköpfige Familie nicht in einem kleinen Ein-Zimmer-Appartement wohnen darf (Az. 415 C 3152/15).

Der Fall: Zwei Erwachsene und zwei Kinder auf 26 Quadrat­metern

Ein Mann hatte im Jahr 2011 eine knapp 26 Quadratmeter große Ein-Zimmer-Wohnung mit Küchenzeile und Keller­abteil gemietet. Dort lebte er mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Kindern, die 2010 und 2013 geboren wurden. Der Mietvertrag für die 350 Euro teure Wohnung – inklusive Betriebs­kosten – enthielt allerdings die Klausel, dass der Mieter „aufgrund der geringen Größe der Wohnung“ nicht berechtigt sei, andere Personen als den Ehepartner bei sich wohnen zu lassen.

Gericht: Mindestens zehn Quadratmeter pro Person notwendig

Die Hausver­waltung forderte den Mieter deswegen auf, „die Anzahl der in der Wohnung lebenden Personen zu reduzieren“. Als er darauf nicht reagierte, kündigte der Vermieter ihm den Mietvertrag. Schließlich reichte er eine Räumungsklage ein.

Das Amtsgericht München gab dem Vermieter Recht, gewährte der Familie aber eine Räumungsfrist von fünf Monaten. Dem Gericht zufolge sei die Wohnung überbelegt. Als Richtwert gelte, dass Familien in Wohnungen leben müssten, in denen im Schnitt auf jedes Famili­en­mitglied zehn Quadratmeter kommen.

Mieter­verein kritisiert Kündigung wegen Überbe­legung

„Wir halten dieses Urteil für sehr fragwürdig“, sagte eine Sprecherin des Münchner Mieter­vereins. „Für eine Kündigung des Vermieters wegen Überbe­legung muss die Mietsache gefährdet sein. Wie eine solche Gefährdung wegen zwei kleiner Kinder aussehen soll, ist nicht nachvoll­ziehbar.“ Der Fall zeige einmal mehr, wie groß die Wohnungsnot in München ist. „Mieter wohnen sicher nicht freiwillig mit zwei Kindern auf 25,88 Quadrat­metern. Wenn die Familie eine bezahlbare Alternative gehabt hätte, wäre sie sicher gerne umgezogen.“

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