Erstmals sollten Mieter sich mit Hilfe der Mietpreisbremse auch nach dem Einzug in eine neue Wohnung gegen eine überteuerte Miete wehren können. Das bisherige Gesetz legt fest, dass die Miete bei einem neuen Mietvertrag maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Sieht der Mietspiegel für eine Wohnung zum Beispiel 7 Euro netto kalt pro Quadratmeter vor, darf der Vermieter höchstens 7,70 Euro verlangen.
Im Berliner Senat gibt es Überlegungen, die Mietpreisbremse in entscheidenden Punkten zu ändern. Unter anderem sollen Vermieter künftig angeben müssen, wie hoch die Miete war, die der Vormieter zahlte.
Mietpreisbremse-Studie zeigt - Mieter wollen nicht gegen Vermieter klagen
Denn die Untersuchungen zeigen hier einen fatalen Konstruktionsfehler der Mietpreisbremse: Eigentlich darf die Miete bei einem Mieterwechsel in ausgewiesenen Gegenden nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausnahmen gelten für Neubauten und für Wohnungen, die umfassend saniert wurden. Außerdem für den Fall, dass der Vermieter schon zuvor eine höhere Miete verlangt hat.
Es stellt sich heraus, dass Vermieter vor allem tricksen, wenn es um die Höhe der Vormiete geht, um so im Rahmen der Mietpreisbremse zu bleiben. Erlaubt der örtliche Mietspiegel etwa eine Nettokaltmiete von sieben Euro pro Quadratmeter und möchte ein Vermieter eigentlich neun Euro von dem nächsten Mieter bekommen, behauptet er schlicht, die Vormiete habe bereits so hoch gelegen.
Dem neuen Mieter bleibt nur über dem gerichtlichen Weg die Möglichkeit, diese Angabe zu überprüfen. Doch verständlicherweise schrecken viele neue Mieter davor zurück, sich derart mit ihrem Vermieter anzulegen. Die meisten sind froh, überhaupt eine Wohnung gefunden zu haben und akzeptieren die zu hohen Mietpreise.
Kritikpunkt 1: Unklarheit über angespannten Wohnungsmarkt
„Das Gesetz definiert unbestimmt, wann tatsächlich ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt“, sagt die Münchner Rechtsanwältin Henrike Butenberg. Sie ist Mitglied im Mietrechtsausschuss des DAV und hat sich als Berichterstatterin intensiv mit dem nun vom Bundestag verabschiedeten Gesetz beschäftigt. Auch die im Gesetz genannten Regelbeispiele, wann ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegen soll, beinhalten Butenberg zufolge unbestimmte beziehungsweise unbestimmbare Voraussetzungen.
Kritikpunkt 2: Fehlende Einheitlichkeit bei Erstellung der Mietspiegel
Das Gesetz definiert nicht, wie die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt werden soll.
Selbst wenn ein Mietspiegel in der betroffenen Gemeinde vorliegt, so werden die Mietspiegel in Deutschland nicht nach bundeseinheitlichen Kriterien erstellt. Die in qualifizierten oder einfachen Mietspiegeln angegebenen Werte stellen Durchschnittswerte dar, jedoch keine centgenauen Angaben der ortsüblichen Miete.
Diese Werte können den Besonderheiten der betroffenen Wohnung nicht gerecht werden und für diese nicht exakt wieder geben, wie hoch deren ortsübliche Miete lautet.
Sämtliche bereits bekannten und erheblichen Probleme, die sich bereits bei der Begründung der Miethöhe im Rahmen einer Mieterhöhung im laufenden Mietverhältnis auf der Grundlage eines Mietspiegels ergaben, ergeben sich nun auch bei der Neumietenermittlung.
Rechtsanwältin Butenberg nennt ein weiteres Problem: „Unklar ist auch, wie die ortsübliche Miete ermittelt werden soll, wenn ein Mietspiegel fehlt, oder die Wohnung nicht durch den Mietspiegel erfasst wird.“ Hier bleibe nur ein unverhältnismäßig teures Sachverständigengutachten, oder der Rückgriff auf Datenbanken, deren gerichtliche Anerkennung in keiner Weise gesichert sei.
Kritikpunkt 3: Fehlende Begriffsdefinition zur Modernisierung
Ausgenommen sind von der Mietpreisbremse unter anderem umfassend modernisierte Wohnungen, wobei auch der Begriff „umfassend“ nicht näher definiert wird. Laut Gesetzesbegründung liegt eine umfassende Modernisierung vor, wenn die Modernisierungskosten ein Drittel der Neubaukosten betragen. Auch hiermit geht für die Mietvertragsparteien Rechtsunsicherheit einher, ob und wie der Nachweis gelingt.
Kritikpunkt 4: Mieter können Modernisierungsmaßnahmen schwer nachvollziehen
Kosten für Modernisierungsmaßnahmen, die der Vermieter in den letzten drei Jahren durchgeführt hat, dürfen nach den Vorschriften der modernisierungsbedingten Mieterhöhung vom Vermieter zu der ortsüblichen Vergleichsmiete plus den zehn Prozent hinzuaddiert werden.
Rechtsanwältin Henrike Butenberg: „Der Neumieter hat in der Regel keine Kenntnis, wie die Wohnung vor der Modernisierung tatsächlich aussah, und ob in den Modernisierungsmaßnahmen nicht auch Instandsetzungsarbeiten enthalten waren, deren Kosten der Mieter nicht schuldet.“
Kritikpunkt 5: Datenschutzprobleme bei zu hoch angesetzter Miete
Vereinbaren die Parteien einen Mietpreis, der über den zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, so hat der Mieter ab dem Zeitpunkt, ab dem er dies qualifiziert in Textform rügt, einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich der nach Zugang der Rüge fällig gewordenen zu viel bezahlten Mieten.
Damit der Mieter aber überhaupt in die Lage versetzt wird, zu rügen, ist der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet, ihm in Textform Auskunft zu erteilen (Höhe der zuletzt geschuldeten Miete, Umfang und Kosten etwaiger Modernisierungsmaßnahmen, Baualter der Wohnung und Ähnliches).
Doch stellt sich hier die Frage, ob der Vermieter personenbezogene Daten überhaupt im Rahmen des geltenden Datenschutzes weitergeben darf. Was, wenn der Vermieter seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt oder falsche Angaben macht? Der Mieter muss das dann im Rahmen eines Prozesses klären – mit entsprechendem Prozessrisiko.
Zusammenfassung: Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter kaum herzustellen
Zusammenfassend sagt Butenberg, dass es künftig problematisch sein wird, ob die Länder zutreffend die Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt per Rechtsverordnung bestimmen. Problematisch werde insbesondere die Ermittlung der ortsüblichen Miete sein.
„Bei Abschluss eines neuen Mietvertrages wird es den Parteien derzeit kaum rechtssicher möglich sein selbst zu beurteilen, ob die vereinbarte Neumiete die Voraussetzungen der Mietpreisbremse erfüllt“, saht Mietrechtsexpertin Butenberg.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.05.2016
- Autor
- ndm/red