Zwar können hohe Wohnungstemperaturen zu einem Mietmangel führen, sollte das Wohlbefinden des Mieters erheblich beeinträchtigt sein. Allerdings ist das eher die Ausnahme. Rechtsanwalt Michael Drasdo ist Mitglied des Mietrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein (DAV) und sagt: „Wer eine Dachgeschosswohnung auf der Sonnenseite mietet, muss damit rechnen, dass sich diese im Sommer aufheizt.“ Da könne man nicht sofort die Miete mindern.
So sah es das Amtsgericht Hamburg auch. Die Richter erkannten in einem Fall, dass man als Mieter einer hochgelegenen Wohnung ein „höheres Maß an sommerlicher Aufheizung“ hinnehmen müsse. Dennoch gebe es auch hier Grenzen – und der klagende Mieter erhielt recht, denn die so genannte Wohnbefindlichkeitsschwelle sei überschritten gewesen. Zudem sei der Stand der Technik, der zum Zeitpunkt der Errichtung des Neubaus galt, nicht umgesetzt worden. Der Kläger dürfe die Miete in den Sommermonaten demnach um 20 Prozent mindern (Urteil vom 10. Mai 2006; AZ.: 46 C 108/04).
Sogar die fristlose Kündigung des Mieters kann in absoluten Ausnahmefällen gerechtfertigt sein. Ein extremer Fall ereignete sich in Berlin. Hier heizte sich eine Dachgeschosswohnung auf 46 Grad auf; Kerzen schmolzen, Pflanzen gingen ein. Der Temperaturunterschied zwischen innen und außen betrug bis zu 19 Grad. Das Landesgericht Berlin sah die fristlose Kündigung der Mieterin als gerechtfertigt an (Urteil vom 20. März 2007; AZ.: 40/06).
In manchen Mietverträgen ist eine Höchsttemperatur verankert
Doch wie gesagt: Einen Automatismus zwischen einer sehr aufgeheizten Wohnung und der Mietminderung oder gar Kündigung infolge eines Mangels gibt es nicht. Und so ist die häufig verbreitete Annahme, dass man eine Wohnung immer auf sechs Grad unter der Außentemperatur kühlen können muss, falsch. Darauf wird sich kein Mieter im Falle eines Rechtsstreits berufen können.
Besser Chancen hat der Mieter, wenn ein technisches Gerät ausfallen sollte, das so zur Erhitzung der Wohnung beiträgt – etwa eine im Mietvertrag festgeschriebene Klimaanlage. Sollte sich der Vermieter nicht um deren Wiederinstandsetzung kümmern, läge hier ein Mangel vor.
In einigen Mietverträgen ist zudem eine Höchsttemperatur vereinbart, die nicht überschritten werden darf. Sollte dies doch geschehen, haben die Mieter auch hier ganz gute Aussichten auf Mietminderung.
Doch sind all das Einzelfallentscheidungen; ein höchstrichterliches Urteil hierzu steht noch aus. Denn bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ist bisher noch keine Streitpartei gezogen. „So lange das so ist, gibt es keine abschließende Rechtssicherheit“, sagt Mietrechtsexperte Drasdo.
Tipps für aufgeheizte Mieter
Und er rät Mietern und Vermietern, die höchstzulässigen Temperaturen im Mietvertrag festzulegen: „Vielleicht müssen sich die Temperaturen nach Räumen oder Raumgruppen unterscheiden, trotzdem ist das die sicherste Lösung, solange sich der BGH mit der Frage nicht befasst hat.“
Sollte es hierfür schon zu spät sein, da das Mietverhältnis bereits zuvor geschlossen wurde, sieht Rechtsanwalt Drasdo noch eine weitere Möglichkeit: umziehen. „Wer mit Hitze nicht zurecht kommt, sollte besser in niedergeschossige Wohnungen ziehen – hier tritt das Problem schließlich selten auf.“
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.08.2024
- Autor
- ndm