Wer eine Wohnung mietet oder vermietet, unterliegt vielen Pflichten. Gleichzeitig können private Mieter aber auch zahlreiche Rechte beanspruchen. Im Gegensatz dazu enthält das Gewerbemietrecht nur wenige rechtliche Vorgaben. Das hat zur Folge, dass sich Gewerbemietverträge relativ frei aushandeln lassen. Im Streitfall gelten nur die vertraglichen Vereinbarungen. Auf andere rechtliche Vorgaben können sich die Parteien kaum berufen.
Dem Gewerbemietvertrag und seinem Inhalt kommt also eine enorme Bedeutung zu. Daher ist es wichtig, sich als gewerbetreibender Mieter Zeit bei der Entscheidung für eine Immobilie zu lassen und bei den Verhandlungen rund um den Mietvertrag sehr sorgfältig zu sein. Schließlich sind Gewerbetreibende an den vereinbarten Mietzeitraum gebunden, den der Vertrag vorsieht – selbst dann, wenn ihr Geschäft oder Büro nicht so gut läuft, wie sie erhofft haben.
Gewerbetreibende: Gewerbeimmobilie genau prüfen
Bevor man als potentieller Mieter einen Gewerbemietvertrag unterschreibt, sollte man sich eingehend über den Gewerberaum informieren. „Als Gewerbetreibender sollte man zuerst prüfen, ob die Immobilie, die man mieten will, überhaupt für die eigenen Zwecke geeignet ist“, empfiehlt der Kölner Rechtsanwalt Norbert Schönleber von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Um herauszufinden, ob die Gewerbeimmobilie ihren Zweck erfüllt, sollte man sich ihre Lage und Größe gut ansehen. Dabei ist es zum Beispiel ratsam, sich auch über mögliche, an diesem Standort künftig geplante Baumaßnahmen zu erkundigen. Auch rechtliche Vorgaben sollte man bedenken: Lebensmittelläden zum Beispiel erfordern zwingend geflieste Böden und Wände. Im Falle des Falles muss man den Vermieter der Gewerbeimmobilie fragen, ob man den Raum umbauen darf und wer die Kosten für die Umbauten trägt.
Natürlich muss man sich beim Vermieter über die Miethöhe informieren, sollte dabei aber nicht die Nebenkosten vergessen. Denn diese können sich für Gewerbetreibende schnell als große finanzielle Belastung herausstellen. Wichtig ist daher etwa die Frage, ob die Gewerbeimmobilie energetisch umgebaut ist.
„Darüber hinaus sollte man sich beim Vermieter erkundigen, welchen Nutzungsumfang man mit dem Gewerbemietvertrag erwirbt“, rät Rechtsanwalt Norbert Schönleber. Dazu gehört etwa die Frage, ob man als Mieter Parkplätze nutzen oder Schilder und Werbung an der Fassade anbringen darf.
Was sollte ein Gewerbemietvertrag regeln?
Sind diese Fragen zur Zufriedenheit des Gewerbetreibenden beantwortet, sollte er im nächsten Schritt den Gewerbemietvertrag mit dem Vermieter aushandeln. Muster für Gewerbemietverträge sind dabei nicht ratsam, denn diese sind in der Regel wenig individuell und bilden kaum die Bedürfnisse von Mieter und Vermieter ab. Folgende Punkte sollte ein Gewerbemietvertrag immer beinhalten:
- Er sollte immer schriftlich verfasst sein und die beteiligten Parteien benennen
- Das Mietobjekt und dessen Größe und Lage sollten genau beschrieben werden.
- Der Vertrag sollte Mietzweck, Höhe der Miete, Mietzeit, Kündigungsfristen und Nutzungsrechte definieren.
- Es empfiehlt sich für Mieter, den Nutzungsumfang der Gewerbeimmobilie festzulegen ebenso wie die Höhe der Betriebskosten, Renovierung- und Instandhaltungsverpflichtungen und Form und Höhe der Kaution.
Darüber hinaus aber sind Mieter frei, weitere Klauseln mit dem Vermieter im Mietvertrag auszuhandeln. Dazu könnte das Recht gehören, einen Nachmieter stellen zu dürfen, wenn das Geschäft weniger Gewinn abwirft, als gedacht. Auch einen Konkurrenzschutz könnte man sich zusichern lassen. Dieser verbietet es dem Vermieter, in der Nähe des eigenen Gewerberaumes an Gewerbe aus vergleichbarer Branche zu vermieten. Die eigene Branche sollte daher man unbedingt im Gewerbemietvertrag benennen.
Miethöhe und Betriebskosten bei einem Gewerbemietvertrag
Der Mietpreis für Gewerbeimmobilien ist weitgehend frei und liegt meist höher als bei Wohnräumen. Für Gewerberäume gibt es keine veröffentlichten Mietspiegel. „Der Preis bestimmt sich nach Angebot und Nachfrage“, sagt Rechtsanwalt Schönleber.
Mit dem Vermieter sollte ein Gewerbetreibender unbedingt die Form der Mietanpassung festlegen. Denkbar ist eine Fest-, Staffel-, Umsatz- oder Indexmiete. Häufig bestehen Vermieter auf einer Staffel- oder Indexmiete, bei Objekten in gewinnträchtigen Lagen auf einer Umsatzmiete. Für den Mieter ist es aber ratsam, möglichst eine Festmiete zu vereinbaren.
Wie bei der Wohnraummiete kommen zur Nettomiete die Betriebskosten. Diese werden anteilig umgelegt. Allerdings können bei einer Gewerbeimmobilie mehr Kosten umgelegt werden, zum Beispiel Verwaltungs- oder Instandhaltungskosten.
Gewerbemietvertrag: Welche Kündigungsfristen gibt es?
Die gesetzliche Frist für eine Kündigung regelt für Gewerbeimmobilien das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Danach kann ein Vermieter unbefristete Gewerbemietverträge spätestens bis zum dritten Werktag eines Quartals zum Ablauf des nächsten Quartals kündigen.
Diese Kündigungsfristen kann der Mieter einer Gewerbeimmobilie aber in der Verhandlung mit dem Vermieter versuchen zu modifizieren. „Ein Gewerbetreibender sollte mit dem Vermieter der Gewerbeimmobilie eine möglichst lange Vertragsfrist aushandeln“, sagt Rechtsanwalt Schönleber. „Noch besser ist es, wenn der Gewerbetreibende eine gewisse Vertragsfrist verbunden mit einer Optionsfrist aushandelt.“
Das Gewerbemietrecht sieht keine Angabe von Kündigungsgründen bei einer ordentlichen Kündigung vor. Das heißt, der Vermieter kann, anders als im Wohnmietrecht, zum vereinbarten Kündigungstermin den Mietvertrag ohne Begründung kündigen.
Die Optionsfrist meint eine Klausel zu Gunsten des Mieters, nach der dieser verlangen kann, das Mietverhältnis auch über dessen eigentlich vorgesehenes Ende hinaus fortzusetzen – zu den alten Konditionen. Das Optionsrecht muss man schriftlich vor Ablauf der Festmietzeit gegenüber dem Vermieter geltend machen. Dabei muss man die im Mietvertrag vorgesehene Frist für die Ausübung der Option unbedingt beachten.
Fristlose Kündigung eines Gewerbemietvertrags
Die fristlose Kündigung eines Gewerbemietvertrags braucht einen wichtigen Grund. Dieser wichtige Grund muss so schwerwiegend sein, dass es dem Vermieter oder dem Mieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist oder der im Mietvertrag individuell vereinbarten Kündigungsfrist oder den Ablauf eines befristeten Mietvertrages abzuwarten. Maßgebend ist die Frage, inwieweit es der Vertragspartei zuzumuten ist, am Mietvertrag festzuhalten. Die Parteien können im Mietvertrag Gründe für eine fristlose Kündigung im Detail aufzählen, z.B. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Mieter, Insolvenz des Mieters oder des Vermieters).
Wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung des Gewerbemietvertrags können sein:
- Verstoß gegen die Beheizungspflicht bei ungenutzten Räumen im Winter mit erheblichen Minustemperaturen (OLG Hamm WuM 1994, 669).
- Zahlungsverzug infolge ständig verzögerter Miet- und Nebenkostenzahlungen über einen längeren Zeitraum (BGH NZM 2006, 338).
- Zahlungsverzug wegen Nichtzahlung der Kaution (BGH NZM 2007, 400).
- Geschäftsschädigende Äußerungen (nach BGH MDR 2010, 1305).
- Grundloses Anschwärzen des Vermieters bei der Behörde wegen angeblichen Verstoßes gegen das Zweckentfremdungsverbot (LG Frankfurt WuM 1994, 15).
- Stromentnahme aus Allgemeinstrom des Hauses für das eigene Mietobjekt (LG Köln NJW-RR 1994, 909).
Mischmietverhältnis bei Wohnen und Gewerbe: Wann gelten welche Regeln?
Welche mietrechtliche Situation liegt vor, wenn ein Mieter die Räume zu Wohn- und zu Gewerbezwecken nutzt, etwa bei einem Cafe mit anliegender Wohnung? In diesem Fall liegt ein Mischmietverhältnis vor. Dann muss geprüft werden, in welchem Bereich das Mietverhältnis seinen Schwerpunkt hat. Ob die Vorschriften über die Wohnraummiete oder die der Geschäftsraummiete zur Anwendung kommen, wird dann im Einzelfall auf den Schwerpunkt hin überprüft. Dabei soll der „wahre“ Vertragszweck im Mietvertrag maßgebend sein.
Urteile zur Abwägung zwischen Wohnen und Gewerbe bei Mischmietverhältnissen:
- Mietet eine GmbH ein Wohnhaus an, welches der Geschäftsführer bewohnt und als Büro für den Geschäftsbetrieb benutzt, ist Gewerbemietrecht anwendbar (BGH Urt.v.16.7.2008, VIII ZR 282/07).
- Dies galt auch im Fall eines Rechtsanwalts, welcher seine überwiegenden Einkünfte aus der in dem Mietobjekt befindlichen Kanzlei erzielte. Auf die Wohnfläche, die in diesem Fall die gewerbliche Nutzfläche überwog, kam es nicht an (BGH ZMR 1983, 211).
- Eine Entscheidung des BGH vom 09.07.2014 (Az: VIII ZR 376/13) hat eine rechtliche Einordnung vorgenommen. Danach ist für die Einordnung als Wohnraummietverhältnis nicht die Eignung der Räume zur Wohnnutzung, sondern der vereinbarte Nutzungszweck entscheidend.
- Datum
- Aktualisiert am
- 10.08.2018
- Autor
- ime