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Mietrecht-Blog

Eigenbedarf: Der Eigennut­zungs­wunsch muss ernsthaft sein!

Quelle: Radius Images/corbisimages.com
Im Zweifel muss ein Vermieter einen Eigennutzungswunsch plausibel darlegen und beweisen.
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Der u.a. für das Wohnraum­mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs (BGH) musste sich in einer Entscheidung vom 23.09.2015 – Az: VIII ZR 297/14 – mit den Voraus­set­zungen für eine wirksame Eigenbe­darfs­kün­digung befassen.

In dem der Entscheidung zugrun­de­lie­genden Sachverhalt bewohnten die Mieter eine Dreizim­mer­wohnung im dritten Oberge­schoss und zusätzlich eine separate Mansar­den­wohnung. Eine separate Kündigung des Mietver­hält­nisses über die Mansarde war mietver­traglich ausgeschlossen.

Die Vermieterin kündigte nun beide Mietverträge mit der Begründung, dass sie die Wohnung im dritten OG selbst bewohnen wolle und die Mansarde, nach einem Umbau, als Teil einer für ihre Tochter vorgesehene Maisonette­wohnung benötigte.

Die Mieter bestritten die Kündigung und zogen nicht aus. Daraufhin erhob die Vermieterin also Räumungsklage, welche vom Amtsgericht abgewiesen wurde aber in der Berufungs­instanz Erfolg hatte. Die Beklagten versuchten nun ihr Glück in der zugelassenen Revision beim BGH.

Der BGH hob das Berufungs­urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück an das Berufungs­gericht.

Zwar sei die Eigenbe­darfs­kün­digung ausreichend begründet gewesen. Dazu reiche nämlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt werde, und die Darlegung des Interesses an der Wohnung aus.

Allerdings reiche für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht aus, dass ein unbestimmtes Interesse an einer späteren Nutzung bestehe. Eine Kündigung auf Vorrat ist nicht zulässig. Stattdessen müsse ein konkretes Interesse an der baldigen Eigennutzung bestehen. Die Vermieterin habe hier aber nur zaghaft die Ernsthaf­tigkeit ihres Umzugs­wunsches in die Wohnung in der 3. Etage vorgetragen und nicht erklären können, weshalb sie von mehreren Dreizim­mer­woh­nungen in dem Mehrfa­mi­li­enhaus ausgerechnet die Wohnung der Beklagten beziehen wollte. Schließlich lebte die im Seniorenalter befindliche Vermieterin bislang in einem Einfami­li­enhaus und es sei lebensfremd anzunehmen, dass sie sich vor einem Umzug keine Gedanken darüber gemacht habe, welche der ihr gehörenden Wohnungen nach Größe, Lage und Zuschnitt für ihre Zwecke am besten geeignet sei.

Zudem habe die Vermieterin nur wenige Wochen vor dem Ausspruch der Kündigung eine ebenfalls ihr gehörende Wohnung im Erdgeschoss neu vermietet, was ebenfalls dagegen spräche, dass der Nutzungs­wunsch für die Wohnung im 3. OG nicht hinreichend konkret bestimmt gewesen sei.

Das Landgericht habe zudem die Klägerin neu hören müssen, da es ihre Aussage vor dem Amtsgericht abweichend gewertet habe.

Die Berufungs­ent­scheidung konnte daher keinen Bestand haben.

Fazit:

Wer einen Mietvertrag wegen Eigenbedarf kündigt, muss damit rechnen, dass sich Mieter dagegen wehren und den vorgebrachten Eigenbedarf einer gericht­lichen Überprüfung unterziehen lassen – insbesondere wenn die Mieter rechts­schutz­ver­sichert sind. Dann kommt es nicht nur darauf an, dass die Kündigung „wasserdicht“ begründet ist, sondern auch der Eigennut­zungs­wunsch des Vermieters muss sich im Rechts­streit als hinreichend konkret erweisen. Es ist daher entscheidend, dass er gut durchdacht und plausibel dargelegt und bewiesen werden kann. Bestehen Zweifel an der Ernsthaf­tigkeit des Eigennut­zungs­wunsches, muss das Gericht diesen nachgehen. Eine vorgetäuschte Eigenbe­darfs­kün­digung kann zudem Schadens­er­satz­an­sprüche des getäuschten Mieters auslösen.

Andreas Schwartmann ist Rechts­anwalt und betreibt einen eigenen Blog, der unter www.rhein-recht.de aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Herr Schwartmann regelmäßig zum Thema Mietrecht.

Datum
Aktualisiert am
29.10.2015
Autor
Andreas Schwartmann
Bewertungen
425
Themen
Eigentum Miete

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