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Mietrecht-Blog

Kündigung bei verwei­gerter Duldung von Renovie­rungen

Müssen Mieter Renovierungen in ihrer Wohnung immer dulden? © Quelle: Neumann&Rodtmann/corbisimages.com

Der Bundes­ge­richtshof hat sich heute mit der Frage beschäftigt, ob ein Mieter, der von seinem Vermieter zur Duldung von Instand­set­zungs­ar­beiten aufgefordert wird, diese verweigern darf, bis die Einzel­heiten der Duldungs­pflicht vorab gerichtlich geklärt wurden - oder ob ihm die fristlose Kündigung des Mietver­hält­nisses droht.

Dem unter anderem für das Wohnraum­mietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs (BGH) als Revisi­ons­gericht lag heute folgender zu entschei­dender Rechts­streit zugrunde:

Im Jahr 2010 stellte die Vermieterin im Dachstuhl des Gebäudes, in dem sich die Mietwohnung befand, den Befall mit Hausschwamm fest. Erste Notmaß­nahmen duldeten die beklagten Mieter, gewährten den Handwerkern danach jedoch keinen weiteren Zutritt zu ihrer Wohnung, so dass es dem Vermieter nicht möglich war, weitere Instand­set­zungs­ar­beiten zur Beseitigung des Schwamms vornehmen zu lassen.

Aufgrund dieser Weigerung kündigte die Vermieterin das Mietver­hältnis am 30.06.2011 fristlos und erwirkte gegen die den Zutritt weiterhin verwei­gernden Mieter eine einstweilige Verfügung im eiligen Rechts­schutz. Erst nachdem diese nach Widerspruch der Mieter bestätigt worden war, gewährten diese im Oktober 2011 den Zutritt zur Wohnung. Im November 2011 sprach die Vermieterin sodann eine erneute fristlose Kündigung aus, die darauf gestützt wurde, dass die Mieter im November auch den Zugang zu einem zu ihrer Wohnung gehörenden Kellerraum zwecks Durchführung von Instal­la­ti­ons­ar­beiten verweigert hätten. Die Mieter folgten der fristlosen Kündigung nicht und räumten die Mietwohnung nicht.

Räumungsklage gegen Mieter vor Gericht

Also zog die Vermieterin vor Gericht und verklagte die Mieter auf Räumung. Sie verlor sowohl in erster Instanz bei dem zuständigen Amtsgericht Berlin Tempelhof-Kreuzberg, als auch in der Berufung beim Landgericht Berlin. Dieses war nämlich der Ansicht, dass die Mieter die Einzel­heiten der streitigen Duldungs­pflicht zunächst in einem Rechts­streit hätten klären lassen dürfen, ohne befürchten zu müssen, allein deshalb die Wohnung zu verlieren. Vor dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung wegen verwei­gerter Duldung von Instand­set­zungs­maß­nahmen müsse ein Vermieter deshalb den Mieter zuerst auf Duldung verklagen. Dies gelte jedenfalls, wenn der Mieter nicht querula­torisch handele. Das Berufungs­gericht ließ jedoch zur Klärung dieser Rechtsfrage die Revision zu.

BGH entschiedet, wann man Mietern fristlos kündigen kann

Die Revision hatte nun Erfolg. Der BGH hat klarge­stellt, dass eine fristlose Kündigung wegen Verletzung von Duldungs­pflichten nicht erst in Betracht kommt, wenn der Mieter einen zuvor zu erwirkenden gericht­lichen Duldungstitel missachtet oder sich querula­torisch verhält. Diese vom Landgericht Berlin vertreten Auffassung stelle eine "schema­tische" Betrachtung dar, die im Gesetzestext keinen Anhalt finde. Sie berück­sichtige nicht, dass der Vermieter ein erhebliches wirtschaft­liches Interesse daran haben kann, Moderni­sierungs - und Instand­set­zungs­maß­nahmen schnellst­möglich durchführen lassen zu können, die für die Erhaltung des Mietobjekts und seines wirtschaft­lichen Werts von wesentliche Bedeutung sein können.

Zudem begründe § 543 Abs. 1 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) das Recht zur fristlosen Kündigung, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses „unter Berück­sich­tigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertrags­parteien, und unter Abwägung der beider­seitigen Interessen die Fortsetzung des Mietver­hält­nisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist."

Ob konkret diese Voraus­set­zungen vorlagen, hätte das Landgericht prüfen müssen, was jedoch nicht geschehen ist. Das Berufungs­urteil wurde deshalb vom BGH aufgehoben und die Sache zur Nachholung der erforder­lichen Feststel­lungen an eine andere Kammer des Landge­richts Berlin zurück­ver­wiesen worden (Az.: VIII ZR 281/13).

Berater­hinweis:

Die Frage, ob dem Mieter bei Verletzung von Duldungs­pflichten direkt die fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann, oder ob er zunächst gerichtlich auf Duldung der vom Vermieter beabsich­tigten Maßnahmen in Anspruch genommen werden muss, war bisher nicht höchst­rich­terlich entschieden und wurde in mietrecht­licher Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Der BGH hat nun ein Machtwort gesprochen und den Ansichten, die eine vorherige Duldungsklage erforderlich sahen, eine Absage erteilt. Wer sich als Mieter der Duldung von Instand­set­zungs­maß­nahmen verweigert, sollte sich also über das Risiko im Klaren sein, dass ihm der Verlust der Wohnung droht.

Die Berech­tigung einer fristlosen Kündigung ist dann nämlich allein an § 543 Abs. 1 BGB und der notwendigen Interes­sen­ab­wägung zu prüfen. Dazu wird auch das wirtschaftliche Interesse des Vermieters an einer schnellen Instand­setzung zu berück­sichtigen sein - je mehr es dem Vermieter also „unter den Nägeln brennt", weil es gilt, weitere Schäden zu verhindern, umso weniger wird der Mieter darauf vertrauen können, die notwendige Interes­sen­ab­wägung bei Prüfung der fristlosen Kündigung für sich entscheiden zu können.

Im Übrigen läuft der Mieter auch Gefahr vom Vermieter wegen Verletzung seiner gesetz­lichen Duldungs­pflichten auf Schadens­ersatz in Anspruch genommen zu werden, wenn sich der Schaden nämlich aufgrund der Weigerung des Mieters, notwendige Arbeiten zu dulden, verschlimmert und die Schadens­be­sei­tigung dadurch teurer wird.

Andreas Schwartmann ist Rechts­anwalt und betreibt einen eigenen Blog, der unter www.rhein-recht.de aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Herr Schwartmann regelmäßig zum Thema Mietrecht.

Datum
Aktualisiert am
25.06.2015
Autor
Andreas Schwartmann
Bewertungen
689 1
Themen
Kündigung Miete Mietstreit Renovierung Wohnung

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