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Mietrecht

Kritik an der Mietpreis­bremse und dem Mietspiegel

Für dieses Haus in Berlin wird vermutlich bald die Mietpreisbremse wirken. Aber bringt sie etwas? Die Kritik ist mannigfaltig - besonders am Mietspiegel wird sich gestört. © Quelle: DAV

Eine in Berlin durchge­führte Studie macht deutlich: Die Mietbremse funktioniert nicht - Mieter zahlen auch ein Jahr nach der Einführung zu viel. Schuld ist unter anderem die fehlende Klagelust der Betroffenen. Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt die Zusammenhänge und nennt die zentralen Kritik­punkte.

Erstmals sollten Mieter sich mit Hilfe der Mietpreis­bremse auch nach dem Einzug in eine neue Wohnung gegen eine überteuerte Miete wehren können. Das bisherige Gesetz legt fest, dass die Miete bei einem neuen Mietvertrag maximal 10 Prozent über der ortsüb­lichen Vergleichsmiete liegen darf. Sieht der Mietspiegel für eine Wohnung zum Beispiel 7 Euro netto kalt pro Quadratmeter vor, darf der Vermieter höchstens 7,70 Euro verlangen.

Im Berliner Senat gibt es Überle­gungen, die Mietpreis­bremse in entschei­denden Punkten zu ändern. Unter anderem sollen Vermieter künftig angeben müssen, wie hoch die Miete war, die der Vormieter zahlte.

Mietpreis­bremse-Studie zeigt - Mieter wollen nicht gegen Vermieter klagen

Denn die Untersu­chungen zeigen hier einen fatalen Konstruk­ti­ons­fehler der Mietpreis­bremse: Eigentlich darf die Miete bei einem Mieter­wechsel in ausgewiesenen Gegenden nur noch zehn Prozent über der ortsüb­lichen Vergleichsmiete liegen. Ausnahmen gelten für Neubauten und für Wohnungen, die umfassend saniert wurden. Außerdem für den Fall, dass der Vermieter schon zuvor eine höhere Miete verlangt hat. 

Es stellt sich heraus, dass Vermieter vor allem tricksen, wenn es um die Höhe der Vormiete geht, um so im Rahmen der Mietpreis­bremse zu bleiben. Erlaubt der örtliche Mietspiegel etwa eine Nettokaltmiete von sieben Euro pro Quadratmeter und möchte ein Vermieter eigentlich neun Euro von dem nächsten Mieter bekommen, behauptet er schlicht, die Vormiete habe bereits so hoch gelegen.

Dem neuen Mieter bleibt nur über dem gericht­lichen Weg die Möglichkeit, diese Angabe zu überprüfen. Doch verständ­li­cherweise schrecken viele neue Mieter davor zurück, sich derart mit ihrem Vermieter anzulegen. Die meisten sind froh, überhaupt eine Wohnung gefunden zu haben und akzeptieren die zu hohen Mietpreise.

Kritikpunkt 1: Unklarheit über angespannten Wohnungsmarkt

„Das Gesetz definiert unbestimmt, wann tatsächlich ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt“, sagt die Münchner Rechts­an­wältin Henrike Butenberg. Sie ist Mitglied im Mietrechts­aus­schuss des DAV und hat sich als Bericht­erstatterin intensiv mit dem nun vom Bundestag verabschiedeten Gesetz beschäftigt. Auch die im Gesetz genannten Regelbei­spiele, wann ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegen soll, beinhalten Butenberg zufolge unbestimmte beziehungsweise unbestimmbare Voraus­set­zungen.

Kritikpunkt 2: Fehlende Einheit­lichkeit bei Erstellung der Mietspiegel

Das Gesetz definiert nicht, wie die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt werden soll.

Selbst wenn ein Mietspiegel in der betroffenen Gemeinde vorliegt, so werden die Mietspiegel in Deutschland nicht nach bundes­ein­heit­lichen Kriterien erstellt. Die in qualifi­zierten oder einfachen Mietspiegeln angegebenen Werte stellen Durchschnittswerte dar, jedoch keine centgenauen Angaben der ortsüb­lichen Miete.

Diese Werte können den Besonder­heiten der betroffenen Wohnung nicht gerecht werden und für diese nicht exakt wieder geben, wie hoch deren ortsübliche Miete lautet.

Sämtliche bereits bekannten und erheblichen Probleme, die sich bereits bei der Begründung der Miethöhe im Rahmen einer Mieterhöhung im laufenden Mietver­hältnis auf der Grundlage eines Mietspiegels ergaben, ergeben sich nun auch bei der Neumie­ten­er­mittlung.

Rechts­an­wältin Butenberg nennt ein weiteres Problem: „Unklar ist auch, wie die ortsübliche Miete ermittelt werden soll, wenn ein Mietspiegel fehlt, oder die Wohnung nicht durch den Mietspiegel erfasst wird.“ Hier bleibe nur ein unverhält­nismäßig teures Sachver­stän­di­gen­gut­achten, oder der Rückgriff auf Datenbanken, deren gerichtliche Anerkennung in keiner Weise gesichert sei.

Kritikpunkt 3: Fehlende Begriffs­de­fi­nition zur Moderni­sierung

Ausgenommen sind von der Mietpreis­bremse unter anderem umfassend moderni­sierte Wohnungen, wobei auch der Begriff „umfassend“ nicht näher definiert wird. Laut Gesetzes­be­gründung liegt eine umfassende Moderni­sierung vor, wenn die Moderni­sie­rungs­kosten ein Drittel der Neubau­kosten betragen. Auch hiermit geht für die Mietver­trags­parteien Rechts­un­si­cherheit einher, ob und wie der Nachweis gelingt.

Kritikpunkt 4: Mieter können Moderni­sie­rungs­maß­nahmen schwer nachvoll­ziehen

Kosten für Moderni­sie­rungs­maß­nahmen, die der Vermieter in den letzten drei Jahren durchgeführt hat, dürfen nach den Vorschriften der moderni­sie­rungs­be­dingten Mieterhöhung vom Vermieter zu der ortsüb­lichen Vergleichsmiete plus den zehn Prozent hinzuaddiert werden.

Rechts­an­wältin Henrike Butenberg: „Der Neumieter hat in der Regel keine Kenntnis, wie die Wohnung vor der Moderni­sierung tatsächlich aussah, und ob in den Moderni­sie­rungs­maß­nahmen nicht auch Instand­set­zungs­ar­beiten enthalten waren, deren Kosten der Mieter nicht schuldet.“

Kritikpunkt 5: Datenschutz­probleme bei zu hoch angesetzter Miete

Vereinbaren die Parteien einen Mietpreis, der über den zehn Prozent der ortsüb­lichen Vergleichsmiete liegt, so hat der Mieter ab dem Zeitpunkt, ab dem er dies qualifiziert in Textform rügt, einen Rückfor­de­rungs­an­spruch hinsichtlich der nach Zugang der Rüge fällig gewordenen zu viel bezahlten Mieten.

Damit der Mieter aber überhaupt in die Lage versetzt wird, zu rügen, ist der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet, ihm in Textform Auskunft zu erteilen (Höhe der zuletzt geschuldeten Miete, Umfang und Kosten etwaiger Moderni­sie­rungs­maß­nahmen, Baualter der Wohnung und Ähnliches).

Doch stellt sich hier die Frage, ob der Vermieter personen­be­zogene Daten überhaupt im Rahmen des geltenden Datenschutzes weitergeben darf. Was, wenn der Vermieter seiner Auskunfts­pflicht nicht nachkommt oder falsche Angaben macht? Der Mieter muss das dann im Rahmen eines Prozesses klären – mit entspre­chendem Prozess­risiko.

Zusammen­fassung: Rechts­si­cherheit für Mieter und Vermieter kaum herzustellen

Zusammen­fassend sagt Butenberg, dass es künftig proble­matisch sein wird, ob die Länder zutreffend die Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt per Rechts­ver­ordnung bestimmen. Proble­matisch werde insbesondere die Ermittlung der ortsüb­lichen Miete sein.

„Bei Abschluss eines neuen Mietver­trages wird es den Parteien derzeit kaum rechts­sicher möglich sein selbst zu beurteilen, ob die vereinbarte Neumiete die Voraus­set­zungen der Mietpreis­bremse erfüllt“, saht Mietrechts­expertin Butenberg.

Datum
Aktualisiert am
17.05.2016
Autor
ndm/red
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Themen
Miete Mietstreit Mietvertrag Vertrag

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