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Mietrecht-Blog

Rechtspre­chungen zu Schönheits­re­pa­raturen

Beim Auszug hinterlässt jeder Mieter Spuren. Aber wer muss sie beseitigen? © Quelle: DAV

Muss ein Mieter seine Wohnung eigentlich renoviert hinter­lassen? Die Beantwortung dieser Frage ist gar nicht so einfach, wie der nachfolgende Überblick zeigt.

Die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshof zur Wirksamkeit von Schönheits­re­pa­ra­tur­klauseln hat bei vielen Vermietern Unsicherheit erzeugt, ob sie weiterhin mit ihren Mietern vereinbaren können, dass diese die Schönheits­re­pa­raturen während der Mietzeit oder bei Mietende durchzu­führen haben. Ist eine solche Verein­barung nämlich unwirksam, weil die aktuelle Rechtsprechung nicht bekannt ist oder unbeachtet bleibt, kann dies für den Vermieter sehr teuer werden: Der Mieter muss dann nämlich nicht renovieren, weder während des Vertrags­ver­hält­nisses, noch bei Auszug. Dann muss der Vermieter die teuren Arbeiten selbst in Auftrag geben - und bezahlen.

Nach dem gesetz­lichen Leitbild des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB hat nämlich der Vermieter "die Mietsache dem Mieter in einem zum vertrags­gemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten". Und dazu gehören nun einmal auch notwendige Renovie­rungs­ar­beiten.

Enge Grenzen für die Vermieter

Zwar ist die Abwälzung von Schönheits­re­pa­raturen auf den Mieter selbst­ver­ständlich auch durch einen Formular­miet­vertrag grundsätzlich weiterhin möglich – allerdings hat die Rechtsprechung des BGH hier seit 2004 enge Grenzen vorgegeben, die eingehalten werden müssen, damit sie nicht unwirksam ist.

Im Einzelnen hat der BGH entschieden,

  • dass eine Formularklausel, die den Mieter verpflichtet, innerhalb “starrer” Fristen Schönheitsreparaturen durchzuführen, unwirksam ist, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt (BGH vom 23.6.2004 – AZ.: VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2486),
  • dass eine Endrenovierungsklausel, die den Mieter verpflichtet, unabhängig vom tatsächlichen Renovierungsbedarf Schönheitsreparaturen durchzuführen, unwirksam ist und dies im Zusammenspiel mit einer an sich wirksamen Fristenklausel zur Unwirksamkeit beider Klauseln führen kann (BGH vom 25.6.2003 – AZ.: VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192),
  • dass eine Formularklausel, die dem Mieter vorschreibt, dass er bei der Renovierung “nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abweichen” darf, unwirksam ist (BGH vom 28.3.2007 – VIII ZR 199/06, NJW 2007, 1743),
  • dass eine Formularklausel, die dem Mieter vorschreibt, Wände und Decken in “neutralen Farben” zu streichen, unwirksam ist (BGH vom 18.2.2009 – AZ.: VIII 166/08),
  • dass eine Formularklausel, die vom Mieter verlangt, bei der Ausführung von Schönheitsrepararuten die Türblätter, Türrahem, Fensterflügel und Fensterrahmen “nur weiß zu lackieren” unwirksam ist (BGH vom 20.1.2010 – AZ.: VIII ZR 50/09),
  • dass eine Abgeltungsklausel, die dem Mieter eine anteilige Kostentragungspflicht für bei Mietende noch nicht fällige Schönheitsreparaturen auferlegt, unwirksam ist, wenn sie an eine starre Abgeltungsquote anknüpft (BGH vom 18.10.2006 – AZ.: VIII ZR 52/06, NJW 2006, 3778). Eine Abgeltungsklausel ist nach der weiteren Rechtsprechung des BGH immer dann unwirksam, wenn sie allein nach Zeitablauf bemessen wird, eine unterdurchschnittliche Abnutzung deshalb nicht berücksichtigt, die Klausel nicht eindeutig und klar formuliert ist, der Kostenvoranschlag verbindlich ist oder dem Mieter keine Abwendungsbefugnis durch eigene Renovierungsarbeiten ermöglicht wird,
  • dass er für neu abgeschlossene Mietverträge die Regelfristen von 3, 5 und 7 Jahren in Zukunft möglicherweise als zu kurz bemessen ansehen wird (BGH vom 26.9.2007 – AZ.: VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632),
  • dass der Vermieter  den wirtschaftlichen Nachteil, den er durch eine unwirksame Klausel erleidet, nicht dadurch kompensieren kann, dass er bei der Mieterhöhung einen Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete packt (BGH vom 09.07.2008 – AZ.: VIII ZR 181/07),
  • dass eine formularmäßige Klausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter verpflichtet, sich anteilig an den Kosten zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen zu beteiligen (Quotenabgeltungsklausel), und zur Berechnung der Abgeltungsbeträge auf den  Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts abstellt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist (BGH vom 29.05.2013 – AZ.: VIII ZR 285/12)

All die genannten, unwirksamen Klauseln haben zur Folge, dass der Mieter überhaupt nicht renovieren muss, weil dadurch sämtliche Klauseln im Mietvertrag die Vornahme von Schönheits­re­pa­raturen betreffend unwirksam sind. Das Klauselwerk über die Durchführung von Schönheits­re­pa­raturen muss nämlich immer in seiner Gesamtheit betrachtet werden.

Einseitige Vertrags­än­de­rungen sind nicht erlaubt

Der Mieter kann sich also bei Unwirk­samkeit der Klauseln auch während der Mietzeit bequem zurück­lehnen und bei Bedarf vom Vermieter die Vornahme von Renovie­rungs­ar­beiten verlangen.

Was kann der Vermieter also überhaupt noch tun?

Die Korrektur und damit Abänderung alter Mietverträge mit unwirksamen Klauseln ist dem Vermieter nur mit Zustimmung des Mieters möglich. Einseitige Vertrags­än­de­rungen sind nicht zulässig. In der Regel wird der Mieter einer für ihn nachteiligen Vertrags­än­derung aber nur zustimmen, wenn er dafür eine Gegenleistung erhält. Generelle Empfeh­lungen können hier nicht ausgesprochen werden – aber der Verzicht auf Mieterhö­hungen sei als Beispiel genannt. Letztlich wird es hier auf das Verhand­lungs­ge­schick des Vermieters ankommen.

Was bei neuen Mietver­trägen zu beachten ist

Bei der Abfassung neuer Mietverträge sollte die BGH-Rechtsprechung penibelst beachtet werden:

Auf Fristenpläne sollte entweder verzichtet werden (was nach Rechtsprechung des BGH zulässig ist), oder diese sollten den Anforde­rungen der Rechtsprechung genügend formuliert werden. Ein Fristenplan ist nur wirksam, wenn er sprachlich durch Formulie­rungen wie "in der Regel", "im Allgemeinen" oder "normalerweise" aufgeweicht wird. Beispiele sollten angeführt werden, z.B. durch folgende Klausel (siehe Kappus, NZM 2006, 8): "Die in Abs. 1 für den Mieter enthaltenen Dekora­ti­ons­in­tervalle können sich im Einzelfall auf Grund eines vom Üblichen abweichenden Wohnver­haltens des Mieters verkürzen oder verlängern, etwa wenn in der Wohnung nicht geraucht wird, der Mieter die Wohnung – z.B. als Wochen­end­heim­fahrer oder sonst häufig Ortsab­we­sender (z.B. reiselustiger Pensionär) – nicht als ständigen Lebens­mit­telpunkt nutzt oder wenn keine Kinder bzw. frei laufende Tiere dauerhaft in seinem Haushalt leben, die erfahrungsgemäß verstärkt Gebrauchs­spuren verursachen."

Das Ende der Regelfristen

Vor dem Hintergrund der BGH-Entscheidung vom 26.09.2007 sollten die Regelfristen von 3, 5 und 7 Jahren nicht mehr verwendet werden. Angesichts veränderter Wohnver­hältnisse und verbes­serter Dekora­ti­ons­ma­te­rialien empfahl der dem zuständigen VIII. Zivilsenat des BGH bis Ende Mai 2006 angehörende Richter am BGH a.d. Beyer schon 2008 eine Verwendung von Regelfristen von 5, 8 und 10 Jahren als sichersten Weg (Beyer in NJW 2008, 2067). Bei Verwendung der bisherigen Regelfristen riskieren Vermieter, dass diese vom BGH “gekippt” werden, mit der Folge, dass die Schönheits­re­pa­ra­tur­klausel dann trotz aller weichen Fristen vollständig unwirksam wird.

Endreno­vie­rungs­klauseln sind unbedenklich, wenn sie den Mieter lediglich dazu verpflichten, bei Mietende die fälligen und noch nicht erfolgten Schönheits­re­pa­raturen nachzuholen.

Die Formulierung einer wirksamen Abgeltungs­klausel ist besonders schwierig. Eine wirksame Klausel ist derzeit, soweit ersichtlich nicht bekannt. Richter am BGH a.D. Beyer (NJW 2008, 2071) schlägt folgende Formulierung vor, gibt aber zugleich zu bedenken, dass auch diese möglicherweise einer Überprüfung durch seine nun zuständigen Kollegen vom BGH nicht standhalten wird:

"Soweit bei Beendigung des Mietver­hält­nisses die Renovie­rungs­fristen seit Beginn des Mietver­hält­nisses oder seit der letzten Renovierung noch nicht vollständig abgelaufen sind, hat der Mieter eine zeitan­teilige, nach vollen abgelaufenen Jahren gestaffelte Quote der Kosten einer vollen Renovierung zu tragen. Die Quote ist auf der Grundlage eines vom Vermieter einzuho­lenden Kosten­vor­anschlags zu berechnen. In besonders gelagerten Ausnah­me­fällen, in denen nach der Lebens­er­fahrung von einer unterdurch­schnitt­lichen Abnutzung der Wohnung auszugehen ist (z.B. längere berufs­be­dingte Abwesenheit des Mieters), ist der Vermieter verpflichtet, die Quote angemessen herabzu­setzen."

Berater­hinweis:

Schönheits­re­pa­raturen sind nach § 535 BGB Sache des Vermieters. Sie können auch nach den jüngsten BGH-Entschei­dungen weiter durch Verein­barung auf den Mieter abgewälzt werden. Eine solche Verein­barung ist aber unwirksam, wenn der Mieter dadurch unange­messen benach­teiligt wird. Vermieter sollten beachten: Weniger ist oft mehr!

Eine simple Verein­barung, nach der der Mieter die nach dem Grad der Abnutzung erforder­lichen Schönheits­re­pa­raturen vorzunehmen hat, reicht in der Regel aus.

Wer als Vermieter zuviel bis ins kleinste Detail regeln will, geht das Risiko ein, dass die Gesamtheit der Klauseln zu Schönheits­re­pa­raturen einer gericht­lichen Überprüfung nicht stand hält und der Mieter am Ende weder renovieren, noch anteilige Kosten zahlen muss.

Mit dieser Checkliste können Sie überprüfen, ob Sie beim Auszug renovieren müssen.

Andreas Schwartmann ist Rechts­anwalt und betreibt einen eigenen Blog, der unter www.rhein-recht.de aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Herr Schwartmann regelmäßig zum Thema Mietrecht. 

Datum
Aktualisiert am
24.06.2015
Autor
Andreas Schwartmann
Bewertungen
6649 1
Themen
Miete Mietmin­derung Mietstreit

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