Die Wohnungseigentümerversammlung gilt auch als Äquivalent zum Elternabend: Da es um sehr Wichtiges geht, möchte jeder seine Ideen durchsetzen – oft wird lange und kontrovers diskutiert. Spaß macht das nicht immer, es muss aber sein. Ein paar Unterschiede zwischen den beiden Versammlungen gibt es dennoch. Lesen Sie hier, was Sie über den wichtigsten Termin für Wohnungseigentümer wissen sollten.
Eine WEG-Versammlung pro Jahr ist Pflicht
Eine Wohnungseigentümerversammlung muss mindestens einmal im Jahr stattfinden. Bei gegebenem Anlass, zum Beispiel wenn dringende Reparaturen anstehen, können weitere Versammlungen stattfinden. Wenn mindestens ein Viertel aller Eigentümer eine Versammlung wünschen, muss eine einberufen werden. „Die Wohnungseigentümerversammlung muss grundsätzlich der Verwalter einberufen“, informiert Rechtsanwältin Beate Heilmann, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Habe die WEG keinen Verwalter bestellt oder weigere er sich pflichtwidrig, könne der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats – ein Vertretungsgremium der Eigentümer, das den Verwalter bei seinen Aufgaben unterstützt – oder sein Vertreter die Versammlung einberufen. Im Ausnahmefall könne dies auch ein einzelner Wohnungseigentümer tun.
Einladung zur WEG-Versammlung: Nur Schriftliches ist Wahres
§ 24 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zufolge muss eine WEG-Versammlung schriftlich einberufen werden – SMS oder Anrufe reichen nicht aus. Mindestens zwei Wochen im Voraus muss der Brief bei den Wohnungseigentümern eingehen.
„In der Teilungserklärung kann man auch eine längere Frist festlegen“, informiert Rechtsanwältin Heilmann. Das sei vor allem dann sinnvoll, wenn viele Wohnungseigentümer selbst nicht in der Wohnung, sondern in einer anderen Stadt wohnen.
Der Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung muss die Tagesordnung beiliegen. So wissen die Teilnehmer, worüber abgestimmt wird und können sich entsprechend vorbereiten. Über die Tagesordnungspunkte entscheidet allerdings nicht alleine der Verwalter, auch der Verwaltungsbeirat hat ein Mitspracherecht.
„Natürlich können auch die Eigentümer die Tagesordnung mitbestimmen. Themenvorschläge können allerdings nur auf Antrag aufgenommen werden“, informiert die Rechtsanwältin aus Berlin. Wer einen Tagesordnungspunkt beisteuern wolle, müsse dies allerdings beantragen, bevor die Einladung verschickt werde.
Verhindert? Eigentümer können sich vertreten lassen
Damit möglichst viele Wohnungseigentümer teilnehmen können, muss die Versammlung zu einer Zeit stattfinden, die auch Arbeitnehmern passt. Wochentags um 10 Uhr ist beispielsweise keine zulässige Zeit. Wer trotzdem verhindert ist, kann sich für die WEG-Versammlung von einem Dritten vertreten lassen. Da sie aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden soll, ist nicht jeder als Vertretung zugelassen.
In manchen Fällen regelt die Teilungserklärung, wer das sein darf – oder wer nicht. „Steuerberater oder Rechtsanwälte als Vertretung zur Versammlung zu schicken, wird teilweise ausgeschlossen“, informiert Rechtsanwältin Beate Heilmann. Andere Eigentümer, der Verwalter oder Angehörige dürften in der Regel als Vertretung zur Versammlung gehen.
Externe Gäste: Nur in Ausnahmefällen erlaubt
Eine Begleitung mitzubringen, ist allerdings nicht erlaubt, da die WEG-Versammlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Eine Ausnahme sind Ehepartner, die gemeinsam eine Eigentumswohnung besitzen. Diese dürfen zusammen teilnehmen, haben aber nur eine Stimme. Externe Gäste wie Architekten, die zum Beispiel ein Umbauprojekt vorstellen, müssen in der Versammlung mit Abstimmung zugelassen werden.
Beschlussfähig mit der Hälfte der Miteigentumsanteile
Damit die Versammlung rechtskräftige Beschlüsse über die zu klärenden Themen treffen kann, muss ein bestimmter Anteil der Eigentümer anwesend sein. Nach § 25 Abs. 3 WEG ist eine WEG-Versammlung beschlussfähig, wenn die anwesenden, stimmberechtigten Wohnungseigentümer gemeinsam mindestens die Hälfte Miteigentumsanteile nach Fläche besitzen. Grob gesagt, muss die Hälfte der Fläche vertreten sein.
Objekt- versus Kopfprinzip
Wann ein Beschluss gültig und damit eine Abstimmung erfolgreich ist, hängt davon ab, welche Stimmmehrheit dazu nötig ist. Möglich sind das Kopf- und das Objektprinzip. Während bei ersterem nach Anzahl der Eigentümer – also nach Köpfen – abgestimmt wird, geht es bei letzterem um die Anzahl der Wohnungen beziehungsweise der Quadratmeter.
Je nach Eigentümerstruktur können die beiden Prinzipien zu komplett unterschiedlichen Abstimmungsergebnissen führen. So ist es ein großer Unterscheid, ob 20 Eigentümer je eine Wohnung besitzen, oder ein Eigentümer elf Wohnungen und neun jeweils eine Wohnung. § 25 Abs. 2 WEG legt das Kopfprinzip als Standardabstimmungsverfahren fest. WEG können in der Teilungserklärung allerdings ein anderes Abstimmungsprinzip festlegen. Am weitesten verbreitet ist die Abstimmung nach Miteigentumsanteilen.
Erforderliche Mehrheit abhängig vom Abstimmungsgegenstand
Welche Mehrheit erforderlich ist, hängt davon ab, worüber abgestimmt wird. Abstimmen müssen nach § 22 Abs. 1 WEG immer diejenigen Eigentümer, die von den Kosten oder der Veränderung betroffen sind. Die Frage nach der Betroffenheit kann kompliziert und Gegenstand von Streitigkeiten sein. Sind zum Beispiel von einer Renovierung des Flurs im 1. OG geht nur die Bewohner dieser Etage betroffen oder alle, die womöglich ab und zu durch den Flur gehen?
Je nach Abstimmungsthema sind folgende Mehrheiten denkbar:
• Einfache Mehrheit: Mehr als der Hälfte aller anwesenden und vertretenen Eigentümer
• Qualifizierte Mehrheit: Mehr als die Hälfte aller Eigentümer, nicht nur der anwesenden
• Doppelt Qualifizierte Mehrheit: 50 Prozent der Miteigentumsanteile und 75 Prozent der Eigentümer
• Allstimmigkeit: Alle Wohnungseigentümer sind derselben Meinung
Wenn am äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes architektonische Veränderungen vorgenommen werden sollen – zum Beispiel neue Balkone angebaut –, kann dies die Wertentwicklung der Gebäude beeinflussen. Darüber müssen sich alle Wohnungseigentümer einig sein.
Doppelt qualifizierte Mehrheit unter anderem für energetische Sanierungen
Für technisch notwendige Baumaßnahmen wie energetische Sanierungen ist lediglich eine doppelt qualifizierte Mehrheit der Wohnungseigentümer notwendig. Sie muss ebenfalls erreicht werden, um Kostenverteilerschlüssel durchzusetzen, die vom Gesetz oder von Vereinbarungen in der Teilungserklärung abweichen.
Mit der doppelt qualifizierten Mehrheit ist sichergestellt, dass das Ergebnis der Abstimmung wirklich den Willen der Mehrheit spiegelt, auch unabhängig von der Eigentümerstruktur. Abstimmungsberechtigt sind alle Eigentümer.
Verwalter ist Versammlungsleiter
Die Leitung der Versammlung übernimmt der Verwalter – wenn nichts anderes vereinbart wurde. Rechtsanwältin Heilmann weist darauf hin: „Abgestimmt werden darf nur über Themen, die auch auf der Tagesordnung standen.“ Spontane Beschlüsse, die beispielsweise zustande kommen, wenn die Diskussion in eine andere Richtung driftet als geplant, könnten natürlich getroffen werden. Sie seien später allerdings anfechtbar.
Wenn ein Beschluss angefochten wird, wird er gerichtlich für ungültig erklärt. Dazu muss der mit dem Beschluss unzufriedene Eigentümer beim zuständigen Gericht eine Anfechtungsklage einreichen. Andernfalls ist der Beschluss nach Ablauf eines Monats gültig.
Sie sind Wohnungseigentümer und haben den Verdacht, dass in Ihrer WEG etwas nicht mit rechten Dingen zugeht?
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- Datum
- Aktualisiert am
- 02.02.2018
- Autor
- vhe