Kalte Jahreszeit

Wer haftet bei Schnee und Eis?

Hauseigentümer haben bei Eis und Schnee einige Pflichten. © Quelle: DAV

Wenn es draußen stürmt und schneit, muss ein Eigentümer sein Haus winterfest machen. Er sollte aber auch etwa an die Straße vor seinem Haus denken. Denn wenn dort Schnee liegt und ein Passant darauf ausrutscht, haftet er. Damit niemand zu Schaden kommt, sollte ein Hausei­gentümer in der kalten Jahreszeit einiges beachten.

Für einen Hausei­gentümer bringen Schnee und Eis viele Pflichten mit sich. So muss der Eigentümer zum Beispiel den Schnee auf dem Gehweg vor seinem Haus beiseite räumen und streuen. Das ist die sogenannte Verkehrs­si­che­rungs­pflicht eines Vermieters. Verstößt sie oder er gegen die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht, muss es unter Umständen haften, es können hohe Schmer­zens­geld­for­de­rungen die Folge sein, wenn etwa ein Fußgänger auf dem nicht-gestreuten Gehweg ausrutscht und sich verletzt. Den Passanten trifft keine Mitschuld, wie das Oberlan­des­gericht Brandenburg in einem Urteil entschieden hat (AZ: 6 U 95/12).

BGH: Keine Räum- und Streupflicht, keine Haftung

Ist ein Hausei­gentümer aber nicht verpflichtet, den Gehweg unmittelbar vor seinem Grundstück zu räumen und zu streuen, haftet er auch nicht, wenn dort jemand stürzt. Das geht aus einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs (BGH) vom 21. Februar 2018 hervor (Urteil vom, AZ: VIII ZR 255/16).

In dem Fall war ein Mann auf dem Gehweg vor dem Eingang des Hauses gestürzt, in dem seine Lebens­ge­fährtin eine Wohnung gemietet hatte. Er brach sich dabei den Knöchel. Die Gemeinde hatte den Gehweg geräumt und gestreut, aber nicht auf ganzer Breite: Ein schmaler Streifen war nicht geräumt worden, hier war der Mann gestürzt. Die Eigentümerin und Vermieterin hatte sich um den Gehweg nicht gekümmert, weil sie ihrer Meinung nach dafür nicht verant­wortlich war. Der Mann forderte von der Vermieterin Schadens­ersatz und Schmer­zensgeld.

Der BGH entschied: Die Vermieterin war nicht verpflichtet, den öffent­lichen Gehweg zu räumen und zu streuen. Zwar müsse der Vermieter den Weg zwischen öffent­licher Straße und Hauseingang von Eis und Schnee freihalten, um den Mietern Zugang zur Wohnung zu gewähren. Der Mann sei allerdings auf dem öffent­lichen Gehweg gestürzt. Es sei ihm außerdem zumutbar gewesen, den schmalen, nicht geräumten Streifen des Gehwegs zu überqueren, um in den geräumten Bereich des Weges zu gelangen.

Schnee vom Gehweg räumen und Streupflicht für den Mieter?

Vermietet ein Eigentümer Wohnungen, darf er seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht, also zum Beispiel das Schippen und Streuen des Gehwegs vor dem Haus, auf die Mieter übertragen. Dabei gilt aber: „Der Eigentümer darf nicht nur die Mieter, die im Erdgeschoss wohnen, zum ‚Winter­dienst‘ verpflichten“, sagt die Berliner Rechts­an­wältin Beate Heilmann von der Arbeits­ge­mein­schaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Der „Winter­dienst“ müsse aber auf alle Mietparteien gleichermaßen verteilt werden.

Dabei muss der Vermieter die Mieter aber sorgfältig aussuchen. „Es müssen zum Beispiel Mieter sein, die körperlich überhaupt in der Lage sind, Schnee zu räumen“, erklärt Beate Heilmann.

Überträgt ein Vermieter das Schnee­räumen auf dem Gehweg und eine Streupflicht auf die Mieter und schreibt Regelungen dazu in den Mietvertrag, muss er in seinen Vorgaben ganz klar sein. In diesen „Übertra­gungs­klauseln“ ist der Hausei­gentümer zum Beispiel dazu verpflichtet, zu definieren, wann und wie oft Mieter den Schnee auf dem Gehweg räumen oder wie sie ihrer Streupflicht nachkommen müssen.

Wenn der Vermieter die Aufgaben der Mieter, zum Beispiel die Streupflicht oder das Schnee­räumen, nicht klar genug beschreibt, werden die Übertra­gungs­klauseln im Mietvertrag unwirksam und der Eigentümer haftet, wenn ein Fußgänger auf dem nicht-geräumten oder nicht-gestreuten Gehweg vor dem Haus ausrutscht. Auch haftet der Eigentümer dann, wenn er nicht regelmäßig kontrolliert, ob Mieter das Schnee­räumen vor dem Haus sorgfältig erledigen oder ihrer Streupflicht nachkommen.

Für das Schnee­räumen und das Streuen kann ein Vermieter auch einen profes­sio­nellen Räumdienst engagieren. Dem Dienst­leister muss der Eigentümer ebenfalls klare Anweisungen geben und diesen kontrol­lieren. Versäumt der Vermieter dies, haftet er im Falle des Falles und nicht der Schnee­räum­dienst.

Muss man als Mieter vor sieben Uhr morgens Schnee räumen?

Vermieter oder Grundstücks­ei­gentümer können von Mietern, die sie zum Schnee­räumen verpflichten, nicht verlangen, dass diese bereits vor sieben Uhr morgens mit dem Schnee­räumen beginnen. Denn Vermieter oder Grundstücks­ei­gentümer selbst müssen auch nicht vor dieser Zeit Schnee geräumt haben. Etwas anderes kann aber im Einzelfall dann gelten, wenn das Mietobjekt schon sehr früh öffnet, es sich also beispielsweise um eine Bäckerei handelt. In diesem Fall könnten der Vermieter oder der Grundstücks­ei­gentümer die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht entsprechend auf Mieter abwälzen und sie dazu verpflichten, den Schnee bereits sehr früh am Morgen zu beseitigen.

Dachlawinen und Eiszapfen: Was müssen Mieter und Vermieter beachten?

Damit Passanten keine Dachlawinen und Schnee­massen abbekommen, die von Dächern fallen, müssen Eigentümer Schnee­fang­gitter an dem Dach ihres Hauses anbringen. „Das ist aber nicht in jedem Bundesland Pflicht eines Hausei­gen­tümers. Es kommt auf die jeweilige Landes­bau­ordnung an“, erklärt Rechts­an­wältin Heilmann.

Bei Eiszapfen sieht die rechtliche Lage aber anders als bei Dachlawinen aus. Damit keine Eiszapfen in den Hof oder auf die Straße fallen und dort abgestellte Fahrräder beschädigen oder sogar Menschen verletzen, muss ein Vermieter sie entfernen - aber nicht um jeden Preis. Kann er die Zapfen nicht selbst „abpflücken“, sollte er einen profes­sio­nellen Dienst­leister damit beauftragen.

Allerdings sind diese im Winter oft überlastet und können nicht helfen. „In dem Fall muss ein Vermieter nicht auf eigene Faust die Zapfen entfernen und sich bei solchen Aktionen womöglich in Gefahr bringen“, sagt Heilmann. „Kein Hausei­gentümer muss sein Leben riskieren.“

In solchen Fällen reicht es aus, gefährliche Stellen mit Flatter­bändern abzusperren oder Warnschilder aufzu­stellen. Auf diesen muss aber klar stehen, wovor gewarnt wird - also in diesem Fall vor herunter­fal­lenden Eiszapfen.

In einem Urteil hat das Amtsgericht München entschieden, dass ein Vermieter die Mieter eines Ein- oder Zweifa­mi­li­en­hauses dazu verpflichten darf, Eiszapfen abzunehmen oder Dachlawinen vorzubeugen (AZ: 433 C 19170/11). Der Mieter haftet in diesem Fall. Aber, und das sollten Mieter wissen: Ein Vermieter darf seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht komplett auf die Mieter übertragen.

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