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Beliebte Wohngebiete

Milieu­schutz­gebiete: Worauf müssen Vermieter und Eigentümer achten?

Beliebte Wohngebiete mit Altbaubestand werden besonders häufig zu Milieuschutzgebieten erklärt. © Quelle: photo 5000/fotolia.com

Wer in einer deutschen Großstadt lebt und dort schon einige Jahre verbracht hat, wird an vielen Ecken Verände­rungen bemerken: Häuser werden renoviert, alte Kioske weichen Bioläden und Weinbars, das Publikum auf der Straße verändert sich. Gentri­fi­zierung ist das Stichwort, Milieu­schutz heißt die vermeintliche Waffe dagegen. Damit wollen die Städte verhindern, dass Mieter aus ihren angestammten Wohnge­bieten verdrängt werden. Die entspre­chenden Maßnahmen haben für Wohnungs­ei­gentümer und Vermieter weitrei­chende Folgen.

Das Ehepaar Müller lebt in einem kleinen Ort in Brandenburg. Die beiden leben sparsam und haben im Laufe der Jahre eine erhebliche Summe zurück­gelegt. Diese haben sie in eine Eigentums­wohnung in Berlin investiert, die sie vermieten möchten. Nun ist das Wohngebiet, in dem das Objekt liegt, zu einem Milieu­schutz­gebiet erklärt worden. Was bedeutet das für das Ehepaar Müller und die anderen Vermieter in der Gegend?

Milieu­schutz soll Anwohner in ihrem Kiez halten

Milieu­schutz ist ein rechtliches Instrument, das Gemeinden beziehungsweise Bezirks­ver­wal­tungen nutzen können, um die Zusammen­setzung der Wohnbe­völ­kerung in einem bestimmten Gebiet zu erhalten. Um ein Gebiet unter Milieu­schutz zu stellen, muss die Gemeinde dafür eine Milieu­schutz­ver­ordnung erlassen. Das ist eine baurechtliche Erhaltungs­satzung, die das Baugesetzbuch unter §172 ff. vorsieht.

Wider den Luxussa­nie­rungen

Das geschieht in Wohnge­bieten, in denen die Verdrän­gungs­gefahr besonders hoch ist. Es geht vor allem um besonders beliebte Szeneviertel wie Hamburg-St. Pauli oder Berlin-Kreuzberg. Milieu­schutz­gebiete bestehen derzeit in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt am Main und Stuttgart.

Der Hintergrund: Je beliebter ein Wohngebiet, desto schneller steigen die Mieten. Höhere Mieten ziehen zahlungs­kräf­tigere Klientel an, die sich wiederum moderne Wohnungen mit hohem Komfort wünschen. Nachdem eine Wohnung saniert worden ist, steigt wiederum die Miete. Hier setzt der Milieu­schutz an.

„Mit der Milieu­schutz­satzung sollen die Anwohner in besonders beliebten Wohnge­bieten vor Verdrängung durch schnell steigende Mieten geschützt werden“, erklärt Rechts­anwalt Norbert Schönleber, Mitglied des geschäfts­füh­renden Ausschusses der Arbeits­ge­mein­schaft Mietrecht und Immobilien des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Die Gemeinde wolle damit Maßnahmen unterbinden, die den Wert der Wohnungen und somit die Mieten schnell steigen ließen. Kritiker sprächen in diesem Zusammenhang von Luxussa­nie­rungen.

Milieu­schutz: Nur zeitgemäßer Standard erlaubt

Um Luxussa­nie­rungen zu unterbinden, müssen die Eigentümer von Wohnungen in einem Milieu­schutz­gebiet jede Baumaßnahme an ihrer Wohnung von der Gemeinde genehmigen lassen. Wenn sie nach Ansicht der Behörde geeignet ist, die Miete zu sehr in die Höhe zu treiben, wird der Antrag abgelehnt. Wer trotzdem umbaut und erwischt wird, riskiert Bußgelder.

Als Luxus beziehungsweise stark mietsteigernd gilt eine Sanierung, wenn der Standard der Wohnung danach über den zeitgemäßen Ausstat­tungs­standard hinausgeht. „Was noch zum zeitgemäßen Ausstat­tungs­standard gehört, ist nicht einheitlich geregelt und von Stadt zu Stadt unterschiedlich“, erklärt Rechts­anwalt Schönleber. So seien lange Zeit Aufzüge oder Hänge-WCs nicht genehmigt worden. Das habe sich mittlerweile aber geändert.

Aufzug ja, zweiter Balkon vielleicht, Parkett nein

In Milieu­schutz­ge­bieten wird es häufig nicht erlaubt, ein Gäste-Bad zu instal­lieren, besonders hochwertigen Bodenbelag wie Parkett zu verlegen, teure Badezim­mer­aus­stat­tungen zu verwenden oder einen zweiten Balkon anzubauen. Bei Balkonen oder Winter­gärten kommt es jedoch teilweise auf die Größe an, da sie sich erst ab einer gewissen Quadrat­me­terzahl auf den Mietspiegel auswirken.

Nicht genehmigt wird in der Regel die Zusammen­legung von zwei kleinen zu einer großen Wohnung. In manchen Städten, darunter Berlin und Hamburg, bedarf auch die Umwandlung von Miet- in Eigentums­woh­nungen einer Genehmigung, die jedoch nur selten erteilt wird. Erlaubt sind neben Aufzügen in der Regel energe­tische Sanierungs­maß­nahmen.

Milieu­schutz­gebiete: Wohnungs­ei­gentümer sollten sich informieren

Die Kriterien sind sehr eng, viele Anträge werden abgelehnt. Kritiker monieren, dass der Wohnungs­bestand in Milieu­schutz­ge­bieten dadurch langfristig verkommen könnte. Kritische Stimmen kommen teilweise auch von Mietern selbst. So wäre so mancher bereit, etwas mehr Miete zu zahlen und im Gegenzug eine schönere Wohnung zu haben. Gentri­fi­zie­rungs­gegner und Immobi­li­en­in­vestoren führen zu diesem Thema seit Jahren scharfe Debatten.

Wer Eigentümer einer Wohnung oder eines Hauses in einem Milieu­schutz­gebiet ist, dürfte sich lediglich dafür interes­sieren, was er nun machen darf. Rechts­anwalt Schönleber sagt: „Jeder Bezirk führt einen Katalog mit Vorgaben dazu, was erlaubt ist und was nicht.“ Der Experte rät Eigentümern von Wohnungen in Milieu­schutz­ge­bieten, sich bei der Behörde zu informieren, bevor sie eine Umbaumaßnahme planen.

Auch Selbst­nutzer in der Pflicht

Was ist nun mit den sogenannten Selbst­nutzern, also Eigentümern, die ihre Wohnung nicht vermieten sondern selbst dort wohnen? „Im Milieu­schutz­gebiet gelten für alle Eigentümer die gleichen Regeln“, informiert der Rechts­anwalt aus Köln. Auch Selbst­nutzer müssten sich jede Veränderung an der Wohnung genehmigen lassen – schließlich bestehe die Möglichkeit, dass sie die Wohnung doch einmal vermieten.

Wenn Sie Wohnungs­ei­gentümer in einem Milieu­schutz­gebiet sind oder es werden wollen, sollten sie vorgehen wie folgt:

1) Informieren Sie sich bei der Gemeinde- oder Bezirks­ver­waltung, ob ihr Objekt in einem Milieu­schutz­gebiet liegt

2) Wenn Sie etwas an der Wohnung machen wollen, prüfen Sie, ob sie dazu eine Genehmigung brauchen.

3) Stellen Sie frühzeitig den erforder­lichen Antrag.

Am besten lassen Sie sich schon im Vorfeld sachkundig anwaltlich beraten, um Fehler zu vermeiden. Aber auch wenn es zu Streitig­keiten mit der Behörde oder einem Mieter kommt, kann ein Rechts­anwalt Ihnen helfen, die richtigen Schritte einzuleiten. Hier finden Sie einen Anwalt oder eine Anwältin für Miet- und Immobi­li­enrecht in Ihrer Nähe.

Datum
Aktualisiert am
24.03.2016
Autor
vhe
Bewertungen
7799
Themen
Eigentum Immobilie Miete Renovierung Wohnung

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