Das Ehepaar Müller lebt in einem kleinen Ort in Brandenburg. Die beiden leben sparsam und haben im Laufe der Jahre eine erhebliche Summe zurückgelegt. Diese haben sie in eine Eigentumswohnung in Berlin investiert, die sie vermieten möchten. Nun ist das Wohngebiet, in dem das Objekt liegt, zu einem Milieuschutzgebiet erklärt worden. Was bedeutet das für das Ehepaar Müller und die anderen Vermieter in der Gegend?
Milieuschutz soll Anwohner in ihrem Kiez halten
Milieuschutz ist ein rechtliches Instrument, das Gemeinden beziehungsweise Bezirksverwaltungen nutzen können, um die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem bestimmten Gebiet zu erhalten. Um ein Gebiet unter Milieuschutz zu stellen, muss die Gemeinde dafür eine Milieuschutzverordnung erlassen. Das ist eine baurechtliche Erhaltungssatzung, die das Baugesetzbuch unter §172 ff. vorsieht.
Wider den Luxussanierungen
Das geschieht in Wohngebieten, in denen die Verdrängungsgefahr besonders hoch ist. Es geht vor allem um besonders beliebte Szeneviertel wie Hamburg-St. Pauli oder Berlin-Kreuzberg. Milieuschutzgebiete bestehen derzeit in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt am Main und Stuttgart.
Der Hintergrund: Je beliebter ein Wohngebiet, desto schneller steigen die Mieten. Höhere Mieten ziehen zahlungskräftigere Klientel an, die sich wiederum moderne Wohnungen mit hohem Komfort wünschen. Nachdem eine Wohnung saniert worden ist, steigt wiederum die Miete. Hier setzt der Milieuschutz an.
„Mit der Milieuschutzsatzung sollen die Anwohner in besonders beliebten Wohngebieten vor Verdrängung durch schnell steigende Mieten geschützt werden“, erklärt Rechtsanwalt Norbert Schönleber, Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Die Gemeinde wolle damit Maßnahmen unterbinden, die den Wert der Wohnungen und somit die Mieten schnell steigen ließen. Kritiker sprächen in diesem Zusammenhang von Luxussanierungen.
Milieuschutz: Nur zeitgemäßer Standard erlaubt
Um Luxussanierungen zu unterbinden, müssen die Eigentümer von Wohnungen in einem Milieuschutzgebiet jede Baumaßnahme an ihrer Wohnung von der Gemeinde genehmigen lassen. Wenn sie nach Ansicht der Behörde geeignet ist, die Miete zu sehr in die Höhe zu treiben, wird der Antrag abgelehnt. Wer trotzdem umbaut und erwischt wird, riskiert Bußgelder.
Als Luxus beziehungsweise stark mietsteigernd gilt eine Sanierung, wenn der Standard der Wohnung danach über den zeitgemäßen Ausstattungsstandard hinausgeht. „Was noch zum zeitgemäßen Ausstattungsstandard gehört, ist nicht einheitlich geregelt und von Stadt zu Stadt unterschiedlich“, erklärt Rechtsanwalt Schönleber. So seien lange Zeit Aufzüge oder Hänge-WCs nicht genehmigt worden. Das habe sich mittlerweile aber geändert.
Aufzug ja, zweiter Balkon vielleicht, Parkett nein
In Milieuschutzgebieten wird es häufig nicht erlaubt, ein Gäste-Bad zu installieren, besonders hochwertigen Bodenbelag wie Parkett zu verlegen, teure Badezimmerausstattungen zu verwenden oder einen zweiten Balkon anzubauen. Bei Balkonen oder Wintergärten kommt es jedoch teilweise auf die Größe an, da sie sich erst ab einer gewissen Quadratmeterzahl auf den Mietspiegel auswirken.
Nicht genehmigt wird in der Regel die Zusammenlegung von zwei kleinen zu einer großen Wohnung. In manchen Städten, darunter Berlin und Hamburg, bedarf auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einer Genehmigung, die jedoch nur selten erteilt wird. Erlaubt sind neben Aufzügen in der Regel energetische Sanierungsmaßnahmen.
Milieuschutzgebiete: Wohnungseigentümer sollten sich informieren
Die Kriterien sind sehr eng, viele Anträge werden abgelehnt. Kritiker monieren, dass der Wohnungsbestand in Milieuschutzgebieten dadurch langfristig verkommen könnte. Kritische Stimmen kommen teilweise auch von Mietern selbst. So wäre so mancher bereit, etwas mehr Miete zu zahlen und im Gegenzug eine schönere Wohnung zu haben. Gentrifizierungsgegner und Immobilieninvestoren führen zu diesem Thema seit Jahren scharfe Debatten.
Wer Eigentümer einer Wohnung oder eines Hauses in einem Milieuschutzgebiet ist, dürfte sich lediglich dafür interessieren, was er nun machen darf. Rechtsanwalt Schönleber sagt: „Jeder Bezirk führt einen Katalog mit Vorgaben dazu, was erlaubt ist und was nicht.“ Der Experte rät Eigentümern von Wohnungen in Milieuschutzgebieten, sich bei der Behörde zu informieren, bevor sie eine Umbaumaßnahme planen.
Auch Selbstnutzer in der Pflicht
Was ist nun mit den sogenannten Selbstnutzern, also Eigentümern, die ihre Wohnung nicht vermieten sondern selbst dort wohnen? „Im Milieuschutzgebiet gelten für alle Eigentümer die gleichen Regeln“, informiert der Rechtsanwalt aus Köln. Auch Selbstnutzer müssten sich jede Veränderung an der Wohnung genehmigen lassen – schließlich bestehe die Möglichkeit, dass sie die Wohnung doch einmal vermieten.
Wenn Sie Wohnungseigentümer in einem Milieuschutzgebiet sind oder es werden wollen, sollten sie vorgehen wie folgt:
1) Informieren Sie sich bei der Gemeinde- oder Bezirksverwaltung, ob ihr Objekt in einem Milieuschutzgebiet liegt
2) Wenn Sie etwas an der Wohnung machen wollen, prüfen Sie, ob sie dazu eine Genehmigung brauchen.
3) Stellen Sie frühzeitig den erforderlichen Antrag.
Am besten lassen Sie sich schon im Vorfeld sachkundig anwaltlich beraten, um Fehler zu vermeiden. Aber auch wenn es zu Streitigkeiten mit der Behörde oder einem Mieter kommt, kann ein Rechtsanwalt Ihnen helfen, die richtigen Schritte einzuleiten. Hier finden Sie einen Anwalt oder eine Anwältin für Miet- und Immobilienrecht in Ihrer Nähe.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.03.2016
- Autor
- vhe